Also: Verbissen ist der Wachno nicht. Wirklich, überhaupt nicht. Aber einen gewissen Ehrgeiz, den kann man ihm nicht absprechen. „Die Mission hieß dieses Mal schon ganz klar Titelverteidigung“, sagt der Braumeister der Häffnerbrauerei in Bad Rappenau und Begründer der Craft Beer-Marke Hopfenstopfer. „Das war mein ganz persönlicher Ansporn.“ Druck empfand er dabei keinen. Eher Rückenwind.
Es war ein Start aus der Poleposition, wenn man so will. Denn bei aller badensischen Bescheidenheit: „Ich wusste halt aus dem letzten Jahr, dass ich mit dem, was ich mache, nicht ganz falsch liege, und meine Biere anscheinend nicht so schlecht sind. Ich meine, im Wettbewerb des letzten Jahres waren wirklich gute Brauer dabei.“ Und die alle hat er auf die Plätze verwiesen, er, Thomas Wachno, Gewinner des Brauwettbewerbs 2016, den die Hop Growers of America ausgelobt hatten. Zwölf deutsche Craft Brauereien waren angetreten, darunter große Namen wie Crew Republic (Platz 3) und Kreativbrauerei Kehrwieder (Platz 2), Craftwerk, Mashsee, Hoppebräu, Buddelship.
Als Sieger durfte der Hopfenstopfer Thomas Wachno im Sommer diesen Jahres dann auf Kosten der US-Hopfenpflanzer in die Staaten fliegen und selber mal sehen, wo die guten Hopfen wie Cascade, Comet, Centennial und Chinook herkommen (>> Übersicht der wichtigsten Hopfensorten und ihrer Aromen).
Mit diesen vier Hopfensorten sollten die zehn Germans auch dieses Jahr brauen. Die Hauptaromen des Biers mussten von mindestens zwei dieser Hopfensorten stammen. Ansonsten waren aber auch andere grüne Dolden oder Pellets erlaubt. Wieder sollte ein West Coast IPA kreiert werden. Denn das IPA ist schon immer noch das beliebteste Craft Beer aus den USA. Außerdem wollte man direkt mit den Bieren des Vorjahres vergleichen können, hieß es seitens der HGA, sehen, wie The Germans in Sachen Craft Beer immer besser und besser werden.
Neues Jahr, neue Rezepte, eins bleibt: viel, viel Hopfen
„Wir haben alle vier Sorten Hopfen verbraten, und zwar in rauen Mengen“, sagt Wachno. Er hat sich ein komplett neues Rezept dafür ausgedacht, sagt er, mit einem sehr hellen Malz, Heidelberger, ein bisschen Wiener, Karamell und Sauermalz. Gebraut hat er es wie auch im letzten Jahr – never change a winning team – mit zwei befreundeten Brauern aus der Nachbarschaft, Thomas Majorosi (Privatbrauerei Eichbaum in Mannheim) und Lutz Wirsching (Heidelberger Brauerei). „It’s doomsday“ heißt das Bier, mit dem er seinen Titel verteidigen will und zwei Wochen vor der Siegerehrung im Rahmen der Münchner Drinktec sagte er noch am Telefon (und man konnte sein verschmitztes Wachno-Grinsen dabei förmlich hören): „Ich find’s sehr gelungen und kann mir durchaus vorstellen, damit aufs Trepple zu kommen.“
Trotzdem, sicher ist sicher, weiß Thomas Wachno auch, wer schuld ist, wenn es nichts wird mit Platz Eins: Der Lehrling war bei der Malzgabe etwas, nun ja, kreativ. Gewinnt das Bier abermals Gold, freilich, dann lag’s am brillanten Rezept, sagt der Wachno und lacht. Meint er natürlich alles nicht so bierernst.
Am Ende stand er tatsächlich wieder auf dem Siegertreppchen. Allerdings nicht in der Mitte, nicht auf dem ersten Platz, sondern auf dem ehrenwerten dritten.“Dabei fand ich mein Bier dieses Jahr sogar ein bisschen besser“, sagt Wachno. Enttäuscht? Naja, vielleicht ein bisschen. Aber nee, so richtig enttäuscht ist er nicht. Schließlich war die Konkurrenz groß.
Hopfenstopfen? Mehr Promille!
Auf dem zweiten Platz landete Oliver Wesseloh von der Kreativbrauerei Kehrwieder mit seinem Bier „Big Sur“. Wer schon mal einen Roadtrip durch Kalifornien unternommen hat, auf dem Küstenhighway No. 1, der kennt diesen Namen. Links das Meer, rechts die steil aufragenden Berge, kein Haus weit und breit. Also schnell die Autofenster so weit runterkurbeln wie möglich und einmal tief die Freiheit einatmen. Für solche Tage ist das „Big Sur“ gemacht.
Bereits im letzten Jahr hatte Wesseloh mit seinem „California 1“ den zweiten Platz eingeheimst. Das „Big Sur“ orientiert sich an diesem Rezept. Klar wäre er auch im nächsten Jahr wieder dabei, wenn sie ihn wieder fragen. Allerdings würde er dann gern mal einen anderen Stil ausprobieren. Nichts gegen West Coast IPAs. Aber es gibt ja so viele Bierstile, bei denen man aus dem Hopfen ganz unterschiedliche Aromen herauskitzeln kann.
Fun fact: Beim Hopfenstopfen gehen nicht nur Aromastoffe aus dem Hopfen ins Bier über. Wird der Hopfen zur rechten Zeit beigemengt, dann verdauen die Hefen auch noch den Zucker daraus. Bis zu 0,6 Prozent mehr Alkohol bringt diese Gärung ins Bier. Das Bier wird also trockener. Vielleicht kommt daher auch der Name dry-hopping? Das kann jetzt selbst die Hop Growers Association nicht mehr ganz genau klären. Aber eigentlich wollen wir längst nur noch eins wissen.
Wer hat dieses Jahr die Jury überzeugt? Wer schnuppert bald an frischen amerikanischen Hopfendolden? Der Oliver Lemke vom Brauhaus Lemke in Berlin! Sein „Spree Coast IPA“ – ja so hieß das Bier auch letztes Jahr schon – hat die Nasen und Gaumen verzaubert. In Abwesenheit hat er den Pokal überreicht bekommen. Kurze Telefonkette nach Berlin. Was sagt der Sieger? „Sensationell, wir freuen uns riesig! Der Preis ist für uns besonders wertvoll, denn wer wäre kompetenter, West Coast IPAs zu beurteilen als die Hop Growers of America.“ Stimmt, da fällt uns jetzt auch niemand ein.