Hopfenmann bei Liebesbier in Bayreuth

Von Hopfen und Hoffnung

Martin Rolshausen

Es ist Ende November, ein langer Tag auf der BrauBeviale in den Nürnberger Messehallen geht zu Ende und Stefan Gandorfer spricht von einer großen Hoffnung: Tango. Nein, Stefan Gandorfer will nicht tanzen. Tango, sagt die Gesellschaft für Hopfenforschung, „ist eine züchterisch gelungene Kombination aus hervorragender Brauqualität, Klimatoleranz sowie optimierten Anbau- und Resistenzeigenschaften. Dies ist für Brauer und Hopfenpflanzer gleichermaßen die zukunftssichere und nachhaltige Alternative zu den gängigen Aromasorten.“ Stefan Gandorfer baut in der Hallertau Hopfen an. Und er ist Vorsitzender des Hopfenrings, einem Verein, der sich „für Nachhaltigkeit und Qualität im Hopfenbau“ einsetzt.

Stefan Gandorfer, Vorsitzender des Hopfenrings auf der BrauBeviale. Foto: Martin Rolshausen

Die Natur und die Wirtschaftslage machen es dem Verein mit dem Erreichen seiner Ziele gerade nicht einfach. „Die Lage ist nicht besonders gut“, sagt Gandorfer. Die Ernte ist mies ausgefallen, die Alphawerte des Hopfens seien schlecht. Die Lager sind voll, weil die Brauereien wohl auch noch genügend Vorrat haben – was wiederum daran liege, dass der Bierumsatz zurückgegangen ist. Gandorfer hat keine besseren Nachrichten.

Die Hopfenernte 2023

Adi Schapfl vom Verband Deutscher Hopfenpflanzer auch nicht. „Die Hopfenernte 2023 ist in Deutschland schlecht ausgefallen – wieder schlecht“, hatte er einige Stunden zuvor bei der Pressekonferenz der Hopfenbauern und des Bayerischen Brauerbunds mitgeteilt – und die „offiziellen Abwaagezahlen“ präsentiert. Nach Abschluss der Hopfenzertifizierung am 15. November sieht es so aus:

41.234 Tonnen Hopfen

In Deutschland produzierten in diesem Jahr 1041 Betriebe auf einer Fläche von 20.629 Hektar 41.234 Tonnen Hopfen. Die Erntemenge 2023 liegt damit etwa 10 % unter einer Durchschnittsernte. „Auch die Gehalte an Alphasäuren als wesentlicher Wertparameter liegen 2023 unter dem Durchschnitt. Vor allem bei der größten Sorte Herkules war die Ausbildung der Alphasäuren in diesem Jahr vergleichsweise gering“, sagte Schapfl. Positiv steche das Anbaugebiet Elbe-Saale heraus, weil hier höhere Alphawerte erreicht wurden als in früheren Jahren.

Klimawandel macht Probleme

Die „äußere Qualität der Hopfen“ sei dagegen in ganz Deutschland „überwiegend gut“. Die Ursachen für die Ertragsprobleme sind für den Verband „schnell ausgemacht“: „Wieder machte unseren Hopfen das trockene und heiße Wetter im Sommer Probleme. Wieder müssen wir feststellen, dass diese Jahre häufiger auftreten, 2022 und 2023 zum ersten Mal sogar zweimal hintereinander und wieder wird uns vor Augen geführt, dass wir unsere Anstrengungen erhöhen müssen, die deutsche Hopfenproduktion an den Klimawandel anzupassen“, erklärte Schapfl.

Auch die „Hoheiten“ rückten zur BrauBeviale an, von links: Anna-Lena Ostler, Hallertauer Vize-Hopfenkönigin; Lena Schmid, Hallertauer Hopfenkönigin; Tettnanger Hopfenhoheiten: Tina Heilig, Andrea Schupp, Anja Flock; Mona Sommer, Bayerische Bierkönigin; Marie Berthold, ehemalige Elbe-Saale Hopfenkönigin. Foto: Pokorny Design


Es ist aber nicht nur das Klima, das den Hopfenbauern zu schaffen macht. Auch der Hopfenmarkt bereite „große Sorgen“. Schapfl: „Bereits vor einem Jahr war für unsere US-Kollegen eine massive Überversorgung bei deren Flavoursorten deutlich geworden, die zur Rodung von etwa einem Siebtel der dortigen Hopfenfläche führte. Aktuell sehen wir auch einen deutlichen Preisverfall für deutsche Freihopfen. Die massiven Ausschläge bei den Hopfenpreisen nach unten machen unsere betriebliche Planung schwierig und könnten viele wichtige Investitionen behindern, insbesondere vor dem Hintergrund stark gestiegene Produktionskosten.“ Auch für die Hopfenfläche in Deutschland könnten Flächenreduzierungen die Konsequenz sein, sagt der Verband.

Neuzüchtungen deutscher Hopfensorten


Die dringendste Aufgabe bleibe aber „weiterhin die Anpassung unserer Hopfenproduktion an den rasant fortschreitenden Klimawandel“. Die Neuzüchtungen deutscher Hopfensorten zeigen da aus Sicht des Verbands „heute schon, dass wir in die richtige Richtung unterwegs sind“. Deren Anteil an der Produktion sei aber noch zu gering und müsse „durch eine erhöhte Akzeptanz bei den Brauern rasch erhöht werden“. „Einen Großteil unserer Anstrengungen stecken wir derzeit in den Ausbau der Hopfenbewässerung. Die Anbaugebiete Spalt und Hallertau arbeiten intensiv an großflächigen Systemen, die später die Hopfenproduktion stabilisieren sollen. Wir betreten ,Neuland‘ mit so groß-dimensionierten Bewässerungsanlagen und müssen in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren noch viele fachliche, bürokratische und finanziellen Hürden überwinden. Die massive Unterstützung der Politik wird deshalb entscheidend sein“, sagte Schapfl.

Es wird weniger Bier getrunken

Die Ursache für die schlechteren Verkaufszahlen liegt nach Einschätzung von Pascal Piroué vom Deutschen Hopfenwirtschaftsverband „in der seit Frühjahr 2023 ernüchternden Entwicklung des globalen Bierausstoßes“. Die Ausstoßzahlen vor allem in Nordamerika, Europa und Asien seien insgesamt weiter rückläufig. „Die erhoffte nachhaltige Erholung nach Beendigung der coronabedingten Einschränkungen ist in vielen Ländern durch ein verändertes Verbraucherverhalten aufgrund von restriktiver Alkoholpolitik, Inflationsängsten, politischen Krisen und der allgemeinen wirtschaftliche Entwicklung schwächer verlaufen als angenommen“, erklärte Piroué auf der BrauBeviale. Auch das Craft-Bier-Segment verliert nach den Zahlen des Hopfenwirtschaftsverbands „in nahezu allen Regionen spürbare Absatzmengen, mit der Folge, dass der Hopfenbedarf sinkt“.

Mehr Hopfen in den USA

Die weltweite Ernte beträgt laut Deutschen Hopfenwirtschaftsverband nach ersten Hochrechnungen 117.000 Tonnen – eine Steigerung von rund 9 %. „In den USA war die Ernte durchschnittlich bis gut und übertraf trotz einer Flächenreduzierung um über 2.100 Hektar bzw. einem Minus von 8,5% das Vorjahresergebnis. Mit insgesamt 47.080 Tonnen erntete man in der Pacific-North West Region rund 1.100 Tonnen mehr als im Vorjahr, was vor allem auf den verstärkten Anbau von ertragreicheren Hochalphasorten zurückzuführen ist“, erklärte Pascal Piroué.

Einige Hopfenbauer werden aufgeben

Stefan Gandorfer steht ein paar Stunden nach der Pressekonferenz zwar noch am Tresen des Hopfenbauer-Stands, schweift gedanklich aber nach Hause in die Hallertau. 850 Hopfenbauer gibt es da noch, sagt er. Aber: „Tendenz abnehmend“. Die Arbeit ist hart, die Zukunft unsicher. Und: „Das Angebot an Arbeitsplätzen ist da im Land zwischen Audi und BMW“, sagt er. Einige seiner Kollegen werden aufgeben, da ist er sich sicher. Ein Teil des Landes werde dann an andere Hopfenbauer verpachtet, ein Teil wird nicht mehr für Hopfenanbau genutzt. Er setzt bei der Fortführung seines Betriebs auf einen seiner Söhne – und auf Tango.

(Das Aufmacherfoto ist bei Liebesbier in Bayreuth entstanden.)

(2. Dezember 2023)