Brauerei Riegele

BRAUHAUS RIEGELE: Halb Stammtischbruder, halb Revolutionär

Nina Anika Klotz

Der Stoiber hat mal was über Laptop und Lederhosen gesagt . Beim Chef des Brauhaus Riegele versteht man, was gemeint war. Tradition und Moderne vereinen ist die Story of Sebastian Priller-Riegeles life.

„Grüß Gott. Ich bin Unternehmensberater aber trotzdem nett.“ So habe Sebastian Priller-Riegele sich fünf Jahre lang immer vorgestellt, sagt er. Vier davon hat er für die Boston Consulting Group in Berlin, eines in München gearbeitet. Obwohl er eigentlich nie Berater werden wollte, aber erstens muss jeder in der Riegele-Familie mal raus, erzählt er, jede Generation soll Erfahrungen außerhalb des Familienunternehmens sammeln, egal als was. Und zweitens ist so ein Beraterjob ja das Naheliegendste nach einem BWL-Studium. „Wie sagt man so schön? Wer nichts wird, wird Betriebswirt“, sagt Sebastian Priller-Riegele nonchalant und lacht laut. Nonchalante-zum-laut-Lachen-Sprüche hat er einige auf Lager, der 38-Jährige Geschäftsmann im Janker, zugleich fröhlicher Vater von zwei kleinen Töchtern und engagierter, so schnell und klar redend wie denkender CEO eines mittelgroßen Unternehmens.

Ganz im Ernst erzählt er dann weiter, warum er vor acht Jahren die Geschäftsführung des Brauhaus Riegele übernommen hat. Sein Vater habe ja schon gar nicht mehr damit gerechnet, aber: „Irgendwann wurde mir klar, dass ich zwar ein immer besserer Berater, aber gleichzeitig ein immer schlechterer Unternehmer werde. Und da wusste ich: Ich muss nach Hause.“

Daheim im Brauhaus Riegele ist’s am schönsten

Nach Hause, das ist in Augsburg. Seit 1386 Sitz der Brauerei, die wiederum seit 1884 im Besitz der Familie Riegele ist. Sie liegt mitten in der Stadt, direkt neben dem Hauptbahnhof, dazu ein frisch renoviertes Wirtshaus, das im neo-bavaro Look aus Lounge-Beleuchtung-meets-geile-alte-Massivholzmöbel-und-so seinem Namen irgendwie nicht ganz gerecht wird, und ein ausnehmend gepflegter Biergarten. „Schönes Leben hier“ steht über dem Eingang des Brauhaus Riegele. Ein Werbeslogan, den Priller-Riegele sich zu Beginn seiner Zeit hier ausgedacht hat. Und so ist das wohl: „Ich bin ja unter dem Motto ‚Halbes Gehalt aber doppelter Spaß‘ von BCG hierher gekommen“, sagt er nonchalant und lacht laut, „aber ich habe es keine Sekunde bereut. Jetzt mache ich endlich das, was wirklich meine Leidenschaft ist.“

Brauhaus Riegele

Brauereirundgang. Gibt der Chef gerne. Man muss aber schnell sein, um ihm hinterher zu kommen. (Fotos: NAK)

Und das ist Bierbrauen. Und Bier verkaufen. Beides ein bisschen anders, ein bisschen schlauer, besser wohl, als andere 700 Jahre alte bayerische Traditionsbrauereien. So spielt Riegele beispielsweise voll in der Craft Beer Liga mit. Allerdings ohne dieses Wort zu verwenden. Sebastian Priller-Riegele spricht immerzu von „Brauspezialitäten“, wenn er seine in anderer Leute Augen craft beer-mäßigen Spezialbiere meint. Gebraut werden die in einer „Micro“, einem kleinen Versuchs- und Spezialitätensudhaus (im Riegele-Sprech eine „Manufaktur“), das sie vor gut zehn Jahren eingerichtet haben, nach dem Vater und Sohn Priller-Riegele durch die USA getourt waren und 36 Microbreweries besucht hatten, um zu verstehen, was die da so machen.

Der Augsburger spricht außerdem von einer „Reise zurück zum Produkt“ wenn es um die Craft Beer Bewegung geht. Das mag im ersten Moment ein bisschen luftblasig klingen, doch wenn der Ex-BCG-Berater erklärt, wie er das meint, macht es durchaus Sinn: „Ich habe nie verstanden, warum Brauer eigentlich immer so viel über Ausstattung, Werbung und Preise reden – aber so gut wie nie über das Produkt.“ Dabei wäre das doch das Logischste: Mit dem Bier, das man braut, überzeugen.

Wie immer und auch ganz anders

Nun fährt Sebastian Priller-Riegele, der Mann der einerseits Sätze sagt wie „Bier braucht Heimat“ und andererseits wohl das einzige bayerische Brauhaus betreibt an dessen Außenwand sich ein Cascade-Hopfen emporwindet, also zweigleisig: Im neugestalteten Shop vor dem Wirtshauses verkauft er Spezialitätenboxen mit seitenlangen Biergenussbeschreibungen, in denen von Hopfensorten bis Trinktemperatur alles für Aficionados erklärt wird, und der Trinkglaspokal kommt auch gleich mit, während drinnen am Stammtisch schon vormittags Alt-Männerrunden hocken und das „Commerzienrat Riegele“ Halbe-weise trinken. Wie immer. Immer schon. Angst, die zu vergraulen, wenn da jetzt der umtriebige Juniorchef ankommt (der was mal in Berlin gelebt hat!), der plötzlich Biere brauen lässt, die „Noctus 100“ oder „Dulcis 12“ heißen (neumodisches Zeug!), hat er nicht. (Aktuell hat er acht solche „Brauspezialitäten“ mit fancy Namen im Sortiment. Da kommt aber noch mehr: Beim Brauereirundgang führt der Juniorchef auch stolz in seinen Reifekeller, wo die ersten Fasslagerungen und Vintage-Geschichten im Werden sind.)

Riegele

„Schönes Leben hier“, findet Priller-Riegele und hat das als Werbechef des Brauhaus Riegele zum offiziellen Slogan gemacht. (Fotos: NAK)

Trotzdem betont Sebastian Priller-Riegele in diesem Zusammenhang natürlich schnell, dass ihm beide Zielgruppen wichtig sind, die, denen Simcoe und Amarillo ein Begriff sind, ebenso wie die, die „ein Bier, bitte“ bestellen. Spannend ist, wie der Laptop-und-Lederhosen-Vorzeige-Bayer die beiden Bierarten voneinander abgrenzt und zugleich „craft“ für sich definiert: „Während die Traditionsbrauerei sagt: Ich habe zwar schwankende Rohstoffe, aber durch meine ausgeklügelte Braukunst schaffe ich es dennoch immer an meinen Traditionsgeschmack zu kommen. Hingegen ist es bei den Craft Bieren, oder den – wie es bei mir heißt – Brauspezialitäten so, dass man sagt: Ich füge mich dem, dass meine Rohstoffe schwanken und erhebe nicht den Anspruch, dass jeder Sud gleich schmeckt. Die Philosophie ist wie die eines Winzers, der auch von Jahrgang zu Jahrgang schaut, wie sein Wein wird. Das ist meine Definition von Craft: Sich auf das einlassen, was rauskommt.“

Brauerei Riegele - Sebastian Priller-Riegele

Vorne: Der Brauereichef. Hinten: Sein Cascade. (Foto: NAK)

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  • Brauhaus Riegele
    Sebastian Priller-Riegele, Augsburg
  • Bekannteste Biere: 
    Simco 3- IPA, Amaris 50, Noctus 100 – Imperial Stout