SCHANKANLAGEN: „Der kürzeste Weg ist immer der beste Weg“

Thomas Redders

Schankanlagen sind heutzutage viel mehr, als ein Zapfhahn und eine Leitung. Beim Aufstellen und Reinigen müssen eine Vielzahl an Regularien und Gesetzen beachtet werden. Das Ziel, so fasst es der Fachverband Getränkeschankanlagen e.V. zusammen, ist es, „dass die mit der Anlage in Berührung kommenden Getränke und Getränkegrundstoffe nicht nachteilig beeinflusst werden können“. Also keine Mikroorganismen, nichts, dass das Aroma des Bieres (oder anderer Getränke) negativ beeinflusst, gute Isolierungseigenschaften.

Dafür ist neben den baulichen Gegebenheiten – zum Beispiel möglichst kurze Wege zwischen Kühllager und Zapfhahn – vor allem die Reinigung und Hygiene ausschlaggebend. Besonderes Augenmerk sollte auf die sogenannten Bedarfsgegenstände gelegt werden: also alles, was direkt mit dem Bier in Kontakt kommt (Gläser, Leitungen, Zapfhähne etc.). Gerade Bauteile der Schankanlagen sollten dabei die „SK-Kennzeichnung“ haben, ein Qualitätssiegel.

Die sachgemäße Reinigung ist essentiell. Eine ausführliche Erklärung findet ihr hier. Aber welche Herausforderungen ergeben sich, wenn eure Lieblingsbars plötzlich nicht mehr nur 2 oder 3 Zapfhähne haben, sondern 15, 20, oder 127? Das hat uns Birger Grote, 1. Vorsitzender des Fachverbandes Getränkeschankanlagen e.V. und Geschäftsführer und Teilhaber der GROTE & BLOHM GmbH & Co. KG, beantwortet und gleichzeitig Hoffnung gemacht, dass je mehr Liebe der Wirt oder die Wirtin für Bier über hat, je besser gepflegt die Schankanlage und damit je besser das Bier ist.

Birger Grote, 1. Vorsitzender des Fachverbandes Getränkeschankanlagen e.V. und Geschäftsführer und Teilhaber bei der GROTE & BLOHM GmbH & Co. KG. (Foto:NAK)

Herr Grote, haben die allerallermeisten Gasthäuser denn nicht einfach einen Hahn für Pils und einen für Helles, Weizen und Alkoholfrei gibt’s aus der Flasche, mehr Bierkarte is ja nicht!?

Nun ja, das hat sich in den letzten Jahren ein bisschen verändert. Und wir gleich mit: Bis vor zehn Jahren hat sich die Firm Grote und Blohm, die es seit 1968 gibt, schwerpunktmäßig mit Wasserschankanlagen beschäftigt, also Wassersysteme für Kindergärten und Schulen, Fitnessstudios, Krankenhäuser und so weiter. Daneben haben wir im Handel Bierarmaturen an Getränkeschankanlagentechniker in Deutschland vertrieben. Der Wandel begann um 2016 mit dem Bau der Schankanlage für Stone Brewing in Berlin mit ihren 75 Bieren aufgeteilt auf 127 Zapfhähne. Das war der Startschuss für unsere maßgeschneiderten Craft-Beer-Anlagen. Es gibt für die keinen Standard, nur Kundenwünsche – und die kommen aus der ganzen Welt. Amerikanische Philosophien unterscheiden sich da deutlich von deutschen, aber alle wollen Anlagen, die sich gut reinigen lassen, denn gerade im Craft Bereich wechseln die Biere an den Zapfhähnen häufig. 

Und bei einem Bierwechsel muss die Anlage gereinigt werden.

Zumindest der Teil, durch den das alte und dann eben neue Bier fließen. Auf Grund der Vielzahl der Leitungen bei unseren Craft-Schankanlagen muss die Reinigung durch das Personal vor Ort möglich sein. Man kann nicht jedes Mal einen Fachmann kommen lassen, wenn das eine saisonale IPA aus ist und das nächste, von dem es nur ein Fass gibt, angeschlossen wird. Das unterscheidet unsere Anlagen vom Industriestandard, bei denen über einen vordefinierten Zeitraum immer das gleiche Produkt durch die Leitung läuft. 

Schankanlagen Reinigung
Einfaches Setup zur Leitungsreinigung. (Foto: TR)

Oft läuft vermutlich auch einfach weniger aus den Craft-Schankanlagen.

Klar. Ein Imperial Stout wird nicht in 0,3l-Gläsern verkauft, sondern in kleinsten Mengen. Demzufolge ist dieses Fass länger dran. Das ist aber kein großes Problem, meist sind das ja auch die Biere, die per se recht stabil sind: stark alkoholische Biere mit hoher Lagerfähigkeit. Dennoch muss auch deren Leitung gereinigt werden. 

Wie planen Sie also eine maßgeschneiderte Craft-Beer-Schankanlage, damit das Bier in bestmöglicher Verfassung beim Kunden ankommt?

Man kann bei der Planung der Anlage vieles bedenken: Der kürzeste Weg ist immer der beste Weg. Weniger Weg ist weniger Platz für Keime und Verunreinigungen. Auf Grund der Leitungsvielfalt bzw. der Sortenvielfalt, mit der wir es im Craft-Bereich zu tun haben, was ja eigentlich auch toll ist, also bei den zehn, zwanzig, dreißig und mehr Hähnen, ist es allerdings automatisch so, dass die Leitungen länger werden, weil man einen größeren Lagerraum braucht und dadurch längere Wege entstehen. Also braucht man etwas mehr von allem, um das Bier darin im Topzustand zu halten: Dickere Dämmschichten, mehr Kälteleistung im Petto, mehr Flexibilität, was Temperaturen angeht. Ein Imperial Stout will man auch mal mit drei, vier Grad mehr ins Glas bringen. Das muss nicht eiskalt sein. Ein Near-by-Water-Bier, das man knapp über 0 Grad trinkt, ist eben etwas anderes als ein hochpreisiges und handwerklich perfekt gebrautes Bier. 

Wie ist es denn aus Ihrer Sicht als Fachmann um die Qualität und Hygiene deutscher Schankanlagen so bestellt? Wie oft passiert denn, dass „der Wirt’s verdirbt“?

Es ist ja unsere Aufgabe als Fachverband Getränkeschankanlagen, der führende Verband der Getränkeschankanlagentechniker und -reiniger, dafür zu sorgen, dass das Bier in gleichbleibend guter Qualität ins Glas kommt. Und tatsächlich ist Deutschland in diesem Bereich führend. Auch international wird hier immer wieder auf deutsche Standards zurückgegriffen. Es gibt also nicht umsonst eine DIN, eine Deutsche Industrienorm, die etwa regelt, wie und wie oft eine Schankanlage gereinigt werden sollte. Generell stelle ich aber auch fest, dass gerade im Craft-Beer-Bereich sehr viele Menschen am Ausschank arbeiten, die das mit Leidenschaft und richtig viel Fachwissen tun. Da ist gutes Bier dann auch in besten Händen.