Mit dem Angebot des Wassermanns fing alles an: Den ersten Bewohnern des Erzbachtals war es gelungen, ihn mit einem mit Pech bestrichenen Mantel einzufangen. Für seine Freilassung bot er ihnen, so heißt es in der Sage, Folgendes an: „Gold für 10 Jahr’, Silber für Hundert Jahr’ oder Eisen für immerdar!“ Die Bewohner entschieden sich fürs Eisenerz und wurden bald schon fündig. Gut 500 Jahre ist das her. Eisenerz – so heißt auch die 3500-Einwohner-Gemeinde im Norden des österreichischen Bundeslands Steiermark. Heute spielt der Bergbau dort keine Rolle mehr. „Immerdar“ ist relativ. Ein Schaubergwerk lockt immerhin noch Touristen an. Reini Schenkermaier lebt in Eisenerz. Er ist keine Sagengestalt, kein Wassermann, sondern ein Biermann. Aber auch er macht ein faszinierendes Angebot: eine Brauerei, ein Restaurant und eine Wohnung – und das alles fast geschenkt.
Vor 12 Jahren haben Reini Schenkermaier und seine Frau Helga aus der ehemaligen Drogerie im Ortskern eine Brauerei und ein Restaurant gemacht. „Das Gebäude bleibt also den legalen Drogen treu“, scherzen die beiden. Erzberg Bräu haben sie die Brauerei genannt. Genau 100 Jahren zuvor, im Jahr 1912, hat die letzte Eisenerzer Brauerei, das „Bürgerliche Brauhaus“, geschlossenen. Die zweite Brauerei im Gasthof Fock schloss bereits 30 Jahre früher. Helga und Reini fänden es blöd, wenn sich Erzberg Bräu bereits gut ein Jahrzehnt nach der Gründung schon in die Reihe der geschlossenen Brauereien einfügen würde. Aber demnächst wird Reini 67, Helga 61. Die beiden gehen in den Ruhestand.
Seit gut einem Jahr suchen die beiden einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin – vielleicht ja sogar beides. „Wenn es zwei Personen sind, die das gemeinsam machen, klappt das auch mit der Work-Life-Balance“, sagt Reini. Er betont das, weil die Angst vor zu viel Arbeit, die zu wenig Zeit zum Leben lässt, vielleicht einer der Gründe dafür ist, warum bisher niemand gefunden wurde. Bier zu brauen und ein Restaurant zu betreiben, das sei schon ein anspruchsvolle Sache, erklärt Reine. Aber im Team und mit Hilfskräften fürs Restaurant könne man das so einrichten, dass man nur an vier Tagen in der Woche arbeitet. Man müsse allerdings „mit der Arbeitszeit flexibel sein“. „Man muss Enthusiasmus haben“, weiß Reini. Ohne Leidenschaft für Bier und gutes Essen, funktioniere das Ganze nicht.
150.000 Euro wollen Helga und Reini für die Küche und die Brauanlage haben. Die Anlage hat eine Kapazität von 3 Hektolitern, es gibt auch eine Abfüllanlage für Flaschen und Fässer sowie einen Etikettierer und ein Kühlhaus. „Alles andere ist gratis. Keine Miete, keine Pacht“, betont Reini. Denn: „Es geht darum, dass das, was da entstanden ist, weitergeht. Es geht es nicht ums Geld.“ An irgendjemanden will das Paar die Brauerei und das Restaurant daher nicht übergeben. Es müsse schon jemand sein, der sich darauf einlässt, weiß oder lernen will, wie man gut mit einer Brauanlage umgeht. Es bringe ja nicht, dass die Anlage nach zwei Jahren nicht mehr zu gebrauchen ist, sagt Reini. Wobei er dem- oder derjenigen, die die Brauerei übernehmen will, in der Anfangszeit zur Seite steht. Er war selbst Seiteneinsteiger und weiß: „Was man lernen will, kann man auch lernen.“
Wenn sich bis September niemand findet, beginnen die Schenkermaier die Auflösung der Erzberg Bräu GmbH vorzubereiten. Bis Ende des Jahres soll sie dann erloschen sein. Danach lassen die beiden noch ein Jahr alles so stehen wie es ist. Bis Ende kommenden Jahres besteht als weiterhin die Möglichkeit das ganze zu übernehmen. Der oder die neuen Besitzer müssten dann allerdings eine neue Firma gründen – und sich um alle dafür notwendigen Genehmigungen kümmern. Daher sei es sinnvoller, einfach die bestehende GmbH zu übernehmen, rät Reini. Zurzeit braut er ein Kellerbier, ein Pale Ale, ein Porter, ein Belgian strong dark Ale und ein Vienna Imperial Lager. Das Wissen, das man dazu braucht, würde er wie die Brauanlage gerne weitergeben. Sollte das bis Dezember kommenden Jahres nicht gelingen, „verkaufe ich die Einzelteile“, kündigt er an.
(12. Juli 2023)
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