Bier küsst Kaffee – und was das mit einem irren Schaf zu tun hat

Martin Rolshausen

Bei Maisel gibt es Raum – auf dem Brauereigelände in Bayreuth und zum Denken. Aus dieser Kombination ist einiges entstanden im Umfeld der 1887 gegründeten Brauerei. Seit 2012 wird dort neben dem traditionellen Weißbier unter dem Label „Maisel & Friends“ auch Craft Beer gebraut. Es wurde ein Museum eingerichtet, das Restaurant „Liebesbier“ eröffnet und um ein gleichnamiges, von Künstlern gestaltetes Art-Hotel ergänzt. Seit vier Jahren wird ein weiteres Lieblingsgetränk vieler Deutscher auf dem Maisel-Gelände produziert: Kaffee. „Crazy Sheep“ haben die Bierleute ihre Kaffeemanufaktur genannt.

„Jeff Maisel und Thomas Wenk haben die Rösterei gegründet, weil beide nicht nur Bier lieben, sondern auch Kaffee“, erzählt Eva Ploß, die bei der Brauerei Gebr. Maisel GmbH & Co. KG für Public Relations und Social Media zuständig ist. Jeff Maisel ist der Inhaber und Geschäftsführer des Unternehmens. Thomas Wenk managt „Liebesbier“.

Krešimir Lovrić (Röster in der „Crazy Sheep“-Kaffee-Manufaktur) und rechts Philipp Hofmann (Barista bei „Crazy Sheep“). 

Dass sich auf dem Maisel-Gelände Bier und Kaffee küssen, liegt nicht nur an der Liebe, die Jeff Maisel und Thomas Wenk zu beiden hegen. Es entspringt auch einem Gedanken, der bei Maisel Raum greifen konnte. Eva Ploß formuliert ihn so: „Eigentlich wäre es doch schön, wenn alle Getränke, die wir hier anbieten, von uns selbst gemacht werden.“ Eine Ausnahme seien da natürlich die Biere befreundeter Brauereien. Schließlich sei das „Liebesbier“ ein Ort der Biervielfalt, ein Ort, an dem man Menschen begeistern will für die Weite der Bierwelt. „Konzernprodukte“, sagt Eva Ploß, haben bei Maisel aber nichts verloren. Es gebe im Restaurant deshalb zum Beispiel keine Coca Cola. „Dafür aber Limonade, die wir selbst einkochen“, erzählt die Marketing-Frau. Besonders beliebt: die Zitrone-Rosmarin-Variante. Was die im Restaurant verarbeiteten Speisen angeht, setze man auf Regionalität. Der Ziegenkäse komme zum Beispiel von einem Hof aus dem Landkreis Bayreuth.

Selbst Kaffee zu rösten, sei also nur eine logische Konsequenz gewesen. Das crazy sheep, also das verrückte Schaf, das der Rösterei den Namen gegeben hat, ist allerdings kein Tier aus der Region. Es handelt sich um einen in der Kaffee-Geschichte legendären Vierbeiner. Einer der Kaffee-Mythen besagt, dass Menschen Kaffee erstmals in Äthiopien entdeckt haben – mit Hilfe von Schafen. Hirten haben angeblich beobachtet, dass ihre Schafe (in einer anderen Version ist von Ziegen die Rede) Früchte von einem Strauch fraßen, mit dem sie sich selbst nie beschäftigt haben. Abends sind die Tiere dann nicht zur Ruhe gekommen – im Gegenteil: Sie waren ziemlich munter, geradezu verrückt. Die Hirten probierten diese besonderen Kirschen selbst und spuckten die Kerne ins Feuer. Glaubt man der Legende, kam es dadurch zur ersten Kaffeeröstung überhaupt.

Eine von rund 10 Kaffee-Röstungen, die „Crazy Sheep“ im Angebot hat.

Weil diese Geschichte zu Menschen passt, die „mindestens genauso verrückt nach gutem Kaffee sind“, habe man das Schaf „als Maskottchen“ gewählt. Gezeichnet hat es ein Künstler aus Berlin, die auch an der Gestaltung des „Liebesbier“-Hotels beteiligt war. Rund 10 verschiedene Röstungen, geeignet für Filterkaffee bis Espresso, hat die Manufaktur im Angebot.

Nun liegt es nahe, Kaffee und Bier auch in einem einzigen Getränk zu vereinigen – einem Coffee Stout zum Beispiel. Das gehe leider nicht, sagt Eva Ploß: „Wir sind hier in Bayern!“ Und da gibt es keine Ausnahmegenehmigungen für Biere, die nicht nach dem sogenannten Reinheitsgebot gebraut sind. Und da steht Kaffee nun mal nicht drin. Weil die Bayern so stur sind, hat man verschiedene „Crazy Sheep“-Röstungen zu Überquell nach Hamburg geschickt. Dort sind die Regeln nicht so streng und man sei sehr gespannt, was die Brauer-Kollegen dort mit dem Kaffee anstellen. Auch das, erklärt Eva Ploß, gehöre zur Philosophie von „Maisel & Friends“: Projekte mit anderen zu machen.

Ein einziges „Projekt mit anderen“ ist eine zweite deutsche Brauerei, die auch Kaffee unter die Leute bringt: Superfreunde in Norderstedt/Schleswig-Holstein. Ihre Biere brauen die Superfreunde vorwiegend bei BrewDog in Berlin und bei Welde in Plankstadt. Nun lassen sie sich von Neues Schwarz in Dortmund auch einen Filterkaffee rösten. Die Begründung von Superfreunde-Chef Stefan Schröer klingt wie die aus Bayreuth: „Wir lieben nicht nur Bier, sondern auch Kaffee. Die Liebe zum Kaffee ist schon lange da, nun ist auch die passende Bühne mit dem House of Superfreunde vorhanden. Hier servieren wir eben täglich auch unseren Specialty Filterkaffee! Oben drauf natürlich viel Bier, Burger, Pizza und einige Sides.“

Auch bei den Superfreunden heißt es: Hoch die Kaffeetassen! Foto: Alexander Schliephake

„Wir lieben und leben gute Getränke und gutes Essen. Transparent, fair, ehrlich. Das zieht sich zum Beispiel auch in den Bereich Mode – auch hier produzieren wir fair und nachhaltig. Am Ende machen wir Alles was uns Laune bringt, nur eben immer gut. Wir reduzieren uns hier nicht nur auf Bier“, sagt Stefan Schröer.

Die Sachen woanders herstellen zu lassen, wäre für Maisel allerdings keine Option. „Wir setzen aufs eigene Handwerk“, betont Eva Ploß. Also auf die eigene Brauerei und die eigene Rösterei. Da ist Maisel wieder vorne dabei – wie 2012, als Jeff Maisel als einer der ersten in Deutschland dieses Zeug gebraut hat, das man sonst nur aus Amerika kannte: Craft Beer.

(Das Aufmacherfoto zu dieser Geschichte hat Michael Bauer gemacht.)

(25. Juli 2023)