OMNIPOLLO: „Wir wollen Bier zu Popkultur machen“

Nina Anika Klotz

Die Schweden Henok Fentie und Karl Grandin hatten, als sie 2010 Omnipollo gründeten, weit mehr vor, als gutes Bier in hübschen Flaschen zu verkaufen. Bier muss schicker werden, finden sie. Auch in Deutschland. Im Herbst 2019 eröffnen sie ihre erste nicht-schwedische Bar – in Hamburg.

Nachdem Henok Fentie ein paar Jahre lang für eine große, schwedische Pub-Kette gearbeitet und dabei ein, zwei Sachen über Bier und die, die es trinken, gelernt hatte, beschloss er 2010 das erstens ab jetzt selbst und zweitens ganz anders zu machen. Und seine Bieridee nannte er Omnipollo. Omni, das kommt von omnipontent. Und -pollo von Pollo, spanisch für Huhn. Das Alleskönnerhuhn.

Omnipollo

Breit und bunt ist das Bierportfolio von Omnipollo aus Schweden heute. (Foto: Omnipollo)

Er tüftelte das Rezept für sein erstes Bier aus, Leon (heute „Levon“), ein Pale Ale mit Champagnerhefe, fand 2011 eine Brauerei, um es zu produzieren – und machte sich intensiv Gedanken darüber, wie dieses Bier nur abzufüllen wäre. „Mir war klar, dass meine Biere eine besondere Verpackung brauchten, aber ich hatte keine Ahnung, wie die aussehen sollte.“ Es war mehr oder weniger Schicksal, dass eine Freundin zu ihm sagte: „Du solltest dich mal mit Karl treffen und sprechen.“ Karl Grandin ist ein international gefragter Künstler und Designer aus Stockholm, der unter anderem für große Marken wie Puma, Sony, Nike, Edwin Jeans und Absolut Vodka arbeitet. Als Henok und er sich zum ersten Mal trafen, haben sie mehr über Kunst, als über Bier gesprochen, erzählt der Omnipollo-Gründer. Am Ende stand aber trotzdem fest, dass Karl mal einen Design-Entwurf für Henoks erstes Bier macht. Für das zweite machte er dann auch einen. Und für das dritte. „Heute haben wir eine Yin-Yang-Beziehung und bewegen uns eigentlich stetig zwischen Brauen und Kunst“, sagt Henok Fentie über seinen Kompagnon.

Ist Kunst ist bei Omnipollo mehr als das was auf Etikett und Flasche passiert?

Ja, absolut, zu 100 Prozent. Unsere Mission war es von Anfang an, Bier zu Popkultur zu machen. Es hat mich jahrelang frustriert, dass ich in gute Restaurants gegangen bin, bei denen alles stimmt, das Essen, die Musik – nur die Bierkarte nicht. Es hat sich mir auch einfach nicht erschlossen, warum es als total schick gelten konnte, Koch zu sein, oder Weinmacher – warum Brauer da etwas anderes war.

Wir wollten Bier in einen neuen Kontext setzen. Und Kunst hat sich dafür als sehr wirksam erwiesen. Wir haben in den Anfangszeiten, um bekannt zu werden, unsere Zeit aufgeteilt und zu 50 Prozent klassische Tap-Take-Overs in Bier-Bars gemacht, zu 50 Prozent haben wir aber Art-Shows und Vernissagen mit Bier versorgt. Und das ging total auf, denn damit haben wir uns von so ziemlich allen anderen Brauereien abgehoben. Wir haben Menschen aus ganz unterschiedlichen Bereichen erreicht, manche kam über das Bier, andere über die Kunst.

Wobei das bitte nicht falsch verstanden werden soll: Ich bin selbst ein riesiger Beergeek – aber ich schätze es sehr, dass ich in unterschiedlichen Kontexten über gutes Bier sprechen kann.

Omnipollo BIer

Omnipollo-Stouts haben es mitunter in sich. (Foto: Simon Bredenberg)

Ihr schreckt auch nicht davor zurück, Bier und Politik zusammenzubringen. Yellow Belly etwa war ein Bier, ein Erdnussbutter-Biskuit-Imperial Stout in einer weißen Papierverpackung, die ganz bewusst an eine Ku-Klux-Klan-Kapuze erinnert.

Nein, aber das ist der gleiche Ansatz: Wir sind halt Menschen, die hinter dieser Firma stehen. Wir haben Meinungen und wir machen uns so unsere Gedanken über die Welt, jenseits des Bierbrauens. Im Moment bin ich zum Beispiel total hingerissen von Greta Thunberg. Und wir nutzen Bier als Projektionsfläche, unsere Ansichten zum Ausdruck zu bringen und zu teilen.

Yellow Belly kam in einer Zeit auf den Markt, als Barack Obama gerade zum zweiten Mal als Präsident der Vereinigten Staaten gewählt worden war, da gab es so viel Hoffnung – während auf der anderen Seite des Ozeans rechte Bewegungen vor allem in Skandinavien, aber auch anderen Teilen Europas immer stärker wurden.

Dieses Bier war ein Zeichen gegen Rassismus, Vorverurteilung, Kastendenken, und das nicht nur optisch. Wir haben hier auch mit den Zutaten ein Statement gesetzt: Wir brauen das mit Erdnuss-Aroma. So etwas würden andere Craft Breweries natürlich rigoros ablehnen, aber wir haben es als Herausforderung betrachtet, ein Craft Beer genau so zu brauen.

Und jetzt der Schritt, mit einer Bar nach Deutschland zu kommen.

Das ist einer der größten Schritte unserer Firmengeschichte, sowohl finanziell, als auch was unsere Unternehmensphilosophie betrifft. Wir haben noch nie eine Bar außerhalb Schwedens eröffnet.

Omnipollo Soft Serve

Die „Soft serve™“- Varianate von Omnipollo Bieren: Hier wird Bier durch eine Slushi-Maschine gedreht und damit werden eingeschenkte Gläser dann getoppt. (Foto: Omnipollo)

Warum? Warum Deutschland? Bekanntermaßen ist das kein einfaches Pflaster für Craft Beer im allgemeinen und sehr spezielle Biere im Besonderen.

Die kürzeste Antwort darauf ist: Wir haben es uns noch nie leicht gemacht! Abgesehen davon sind wir seit langer Zeit immer wieder in Deutschland selbst als Biertrinker unterwegs um die sehr besondere, deutsche Bierkultur zu erleben und zu erforschen. In gewisser Weise wollten wir nun auch etwas zurückgeben. Es ist ein Mix auch Forschung und Beitrag, würde ich sagen. Karl und ich sind per se ziemlich durchgeknallt. Wir teilen mit den deutschen Biertrinkern deren Leidenschaft für die Brautradition diese Landes – wir wollen aber die Grenzen derer ausloten und darüber hinaus gehen.

Und warum gerade Hamburg?

Oft genug haben die Leute, wenn sie gehört haben, dass wir eine Bar in Deutschland aufmachen, automatisch angenommen, dass wir nach Berlin gehen. Und wir lieben Berlin ja auch – aber Hamburg lag uns einfach näher. Und wir starten einfach immer gern da, wo wir sind. Wir haben mit dem Team von Brausturm einen tollen Partner in Hamburg, waren schon oft zu Gast und haben so Hamburg gut kennengelernt. Als die Idee aufpoppte, hier einen Außenposten zu eröffnen, haben wir einfach gesagt: Lass machen.

Foto: Mike Yamada

(Titelbild: Henok Fentie & Karl Grandin. Photo by: Gustav Karlsson Frost)