King of Homebrewing Charlie Papazian

CHARLIE PAPAZIAN: Audienz beim König

Claudia Doyle

The King of Homebrewing Charlie Papazian hat nicht nur das Hobbybrauer-Standardwerk „The Complete Joy of Homebrewing“ geschrieben, sondern auch das wichtigste amerikanische Craft Beer Fest begründet, den größten Brauer-Verband des Landes und – auch das noch! – den National Pie Day. Mit Hopfenhelden sprach The King über Sinn  und Unsinn von Brauerverbänden und welche Chancen er für Craft Beer in Deutschland sieht. Besonders Nicht-Biertrinker könnten ein interessanter Markt sein.

Es war einmal ein junger Amerikaner, der an der University of Virginia Kerntechnik studierte. Irgendwann in Anfang der 1970er. Der junge Mann war ein äußerst cleverer Kerl, und wer weiß, wenn er sich nur ein bisschen mehr reingehängt hätte, vielleicht würde er sich nächstes Jahr einen Nobelpreis in Stockholm abholen können. Allerdings hängte der Student sich nicht so rein, denn er hatte ein Hobby, das ihn noch viel mehr interessierte als Neuron und Proton: Der junge Mann braute in sein eigenes Bier.

Genau genommen war das damals in Virginia nicht so ganz legal. Aber will es schon ganz genau nehmen. Fakt ist, dass Charlie Papzian ein verdammt großes Talent besaß und damals schon das beste Bier auf dem Campus, in der Stadt, und wer weiß, vielleicht dem ganzen Bundesstaat braute. Charlie Papazian ist ein Home-Brew-Genie – und heute die vermutlich wichtigste Person der amerikanischen Home-Brewing-Szene. Sie nennen ihn deshalb auch einen „Craft Beer Guru“ und den „King of Home Brewing“. Er hat quasi die Bibel aller Hobbybrauer dies- und jenseits des Atlantiks geschrieben: „The Complete Joy of Homebrewing“ . Seit seinem Erscheinen vor genau 30 Jahren wurde das Buch über eine Million Mal verkauft. Eine. Million. Mal.

The King of Homebrewing Charlie Papazian: Autor, Verbandspräsident, Turbonetzwerker

Und noch mehr als das: 1978 gründete Charlie Papazian die American Homebrewers Association, einen Verband von heute rund 43.000 Hobbybrauern. Ein Jahr später schuf Charlie Papazian die Association of Brewers. Seit 2005 fungieren beide unter dem Dach der Brewers Association. Neben den Hobbybrauern sind hier rund 2500 Brauer Mitglied. Die Brewers Association ist DAS Netzwerk der amerikanischen Craft Beer Szene . Und ihr Präsident? Natürlich Charlie Papazian selbst. Der Turbonetzwerker.

Das war noch nicht alles: Außerdem ist Charlie Papazian der Begründer des größten amerikanischen Craft Beer Spektakel, des Great American Beer Festival, das jedes Jahr im Spätherbst stattfindet und immer neue Rekorde bricht. Statistik zum Staunen: 2014 waren sagenhafte 49.000 Besucher in Denver, 700 Brauer und 3000 Biere. Direkt dazu erfand Papazian auch gleich noch den World Beer Cup, die (Craft) Bier Weltmeisterschaft quasi.

Und dann auch noch Kuchen

Papazian lebt – wenn er nicht weltweit im Namen des besseren Bieres unterwegs ist- in Boulder, Colorado. Dort braut er immer noch in seinem Keller, wie er unserer Autorin Claudia Steinert bei einem Treffen auf der BrauBeviale in Nürnberg erzählt: „Ich mache das jetzt seit 44 Jahren. Aber immer nur 20 Liter auf einmal.“ Und mit ganz einfachen Gerätschaften, bisschen Edelstahl und eine Menge Plastikeimer, nothing fancy, ganz bescheidener Hobbybrauer eben. Und wenn er nicht braut, dann backt Papazian: Der Großmeister der Hobbybrauerei hegt nämlich eine große Leidenschaft für Kuchen. Apfel-, Blaubeer-, Zitronenkuchen, alles. Charlie Papazian ist sogar der Begründer des „National Pie Day“, der seit 1986 immer am 23.Januar gefeiert wird – Charlie Papazians Geburtstag. Hat er mal ganz unbescheiden zum landesweiten Kuchentag erklärt.

Charlie Papazian also ist ein Mann mit Humor. Und Chuzpe. Beides optisch vereint in den knallfeuerroten Turnschuhen, mit denen an den Füßen er über die deutsche Getränkemesse rast. Viel Zeit hat er nicht, viele Termine, Papazian ist – natürlich, als Guru, King und Godfather of good beer – ein äußerst gefragter Mann. Aber fünf kleine Fragen für Hopfenhelden, die gehen schon:

Charlie Papazian

Braukönig und Hopfenheldin: The King of Homebrewing Charlie Papazian und Autorin Claudia Steinert fröhlich auf der Brau Beviale in Nürnberg. (Foto: CSt)

Charlie Papazian, lass uns über die Craft Beer Revolution hier und in den USA reden. Dasselbe ist das ja irgendwie nicht: In den USA hat sie als eine Bewegung der Heimbrauer begonnen. In Deutschland hingegen haben die meisten Craft Beer Brauer eine professionelle Ausbildung. Inwieweit beeinflusst das die Art von Bier, die gebraut wird?

Ich denke, der Einfluss ist eher unterbewusst. Wenn du keine Ausbildung als Braumeister hast, dann gehst du viel kreativer und innovativer an die Sache heran. Künstlerischer sozusagen. Das funktioniert im kleinen Maßstab auch sehr gut. Aber wenn dein Geschäft wächst, musst du auch die Wissenschaft und Technologie hinter dem Brauen lernen. Du musst mit deiner Brauerei wachsen. Deshalb ist es wichtig, dass du als Craft Beer Brauer gern dazu lernst. Und natürlich musst du den unbedingten Willen haben, qualitativ hochwertiges Bier zu machen.

In einem Interview mit CNBC hast du gesagt, dass Craft Beer in den USA eine sehr langsame Entwicklung durchgemacht hat. Jetzt scheint Fahrt in die Sache gekommen zu sein. Was sind die Gründe dafür?

Da gibt es mehrere, der wichtigste ist Bildung. Die Craft Beer Brauer haben es geschafft, die Bauern, die Lieferanten und die  Verkäufer zu bilden, also über ihre Bedürfnisse aufzuklären. Als wir begonnen haben, war es für kleine Brauereien zum Beispiel unmöglich, die Zutaten in kleinen Mengen zu kaufen. Inzwischen ist das kein Problem mehr. Außerdem wollte anfangs kein Laden- oder Barbesitzer Craft Beer verkaufen, weil ihnen das finanzielle Risiko zu hoch war. Ein neues Bier ins Programm zu nehmen heißt ja meistens, einer Cash Cow den Hahn abzudrehen.

Du hast die American Homebrewers Association gegründet. Wie wichtig ist es für Craft Beer Bauer in Verbänden organisiert zu sein?

Wir haben uns damals gar nicht als Craft Beer Brauer gesehen. Wir haben einfach nur eine Menge unterschiedliche Biere gebraut. Die Idee hinter der Gründung der American Homebrewers Association war, ein Netzwerk zu schaffen, damit wir Hobbybrauer uns untereinander austauschen können. Ich glaube, die Brauer in den USA teilen Wissen und Ideen wie nirgendwo sonst auf der Welt. Und die ganzen Veränderungen, von denen ich gerade gesprochen habe, die waren nur möglich, weil wir alle zusammengearbeitet haben. Wir treten schließlich nicht gegeneinander an, sondern gegen die restliche Getränkeindustrie!

Könnten also auch die Craft Beer Brauer in Deutschland von einem eigenen Verband profitieren?

Das kommt drauf an. Zuerst müssen sie herausfinden, was sie einzigartig macht und was ihre Bedürfnisse sind. Wenn die sich von denen großer Brauer unterscheiden, dann macht ein Verband sicherlich Sinn. Aber es bringt nichts, einen eigenen Verband zu gründen, wenn man am Ende doch wieder nur über die gleichen Dinge redet wie alle anderen auch.

Wird die Craft Beer Szene in Deutschland weiter wachsen?

Das wird sie, aber anders als in den USA. Bei uns entstand alles aus der Not heraus. Wir hatten keine Wahl als selbst zu brauen, denn wir hatten nur schlechtes Bier. In Deutschland gibt es viele gute Bierstile und die Menschen sind stolz auf ihr Bier. Die Craft Beer Szene hat hier eher die Chance, Menschen für Bier begeistern, die vorher gar kein Bier getrunken haben.

Mehr vom King of Homebrewing Charlie Papzien gibt es in seinen Büchern