Wenn aus Spaß Ernst wird, wird es richtig lustig: Die zwei Jens‘ von der Bunthaus Brauerei in Hamburg-Wilhelmsburg erzählen, wie ihnen ein Hobby über den Kopf wuchs und ganz an der Südspitze einer Insel in der Elbe eine neue Brauerei entstand.
Also wenn in Hamburg schon mal die Sonne scheint, dann aber. Meine Herren! An diesem sommerlichen Morgen zum Beispiel malt sie ein fettes Grinsen auf die idyllische Insellandschaft inmitten der Elbe. Mit allen kitischigen Details: Schafe blöken, Salatfelder leuchten grün und rot, ein Hase hoppelt über den Deich. Und auch Jens Block ist bester Laune. Der 37-jährige strahlt nahezu mit der glitzernden Oberfläche der Elbe um die Wette. Und gewinnt.
So muss es wohl sein, wenn man an solch einem außergewöhnlichen Ort sein eigenes Bier brauen kann.
Brauen mit Inselfeeling
Jens Block ist zusammen mit seinem Freund und Geschäftspartner Jens Hinrichs die Bunthaus Brauerei, Hamburgs jüngster Zuwachs der ohnehin bewegten Craft Beer Szene. Der Name der Brauerei leitet sich vom Standort ihrer zwei Hektoliter kleinen Spezialitätenbrauerei ab. Die steht nämlich an der Bunthäuser Spitze auf Deutschlands größter Flussinsel in Hamburg-Wilhelmsburg. Dabei bildet die Bunthäuser Spitze den südlichsten Zipfel der Elbinsel, genau hier teilt sich der mächtige Strom in Norder- und Süderelbe. Nirgendwo sonst ist das Insel-Feeling in Wilhelmsburg stärker als hier und „nirgendwo sonst wäre die Bunthaus Brauerei passender als genau hier“, findet Jens.
Heimbrauen – ein hartes Hobby
Dabei beginnt die Geschichte der kleinen und bunten Brauerei ganz woanders, fernab von Deich und Elbblick. In ihren Kellern und Garagen brauen Jens und Jens, damals noch zusammen mit Jakob Meißner, ihre Biere. Angetrieben von nichts als der großen Leidenschaft fürs Brauen. „Mich hat schon immer fasziniert, was für ein tolles, cleanes Getränk Bier ist, ohne den ganzen Scheiß, den man oft in anderen Nahrungsmitteln findet und dass man mit Hefen und dem natürlichen Prozess der Gärung so etwas Leckeres kreieren kann“, sagt Jens.
Immer wieder heißt es Equipment neu zusammenimprovisieren, irgendwie mit mangelndem Platz arrangieren, der Familie erklären, dass man dieses Wochenende mal wieder raus ist und lieber braut. Hobbybrauerleben halt. Immer nach dem Motto: Einfach machen, ausprobieren. Gebraut wird, worauf sie gerade Bock haben. Der Spaß steht an erster und einziger Stelle.
Raus aus dem Keller, rein in die „richtige“ Brauerei
Doch irgendwann wird den drei Hobbybrauern der Keller zu dunkel und das Chaos zu groß. Eigens für das Brauen vorgesehene Räumlichkeiten sollen her, größeres und besseres Equipment. Sie gehen auf die Suche in der Nachbarschaft, durchstreifen die Insel auf der Suche nach einem passenden Ort. Sie finden die Räumlichkeiten an der Bunthäuser Spitze und sofort ist klar: das ist nicht nur ein passender Ort, das ist der passende Ort! Endlich können die Jungs ihrem Hobby auf einem neuen Level nachgehen. Mit mehr Platz und besserem, neuen Equipment.
Obwohl, so ganz hobbymäßig brauen die drei bald eigentlich gar nicht mehr. Durch die größere Anlage haben die Freunde plötzlich mehr Bier am Start, als sie selber trinken können und durch die gemieteten Räumlichkeiten und größere Zutatenbestellungen haben sie auch mehr Kosten, als sie stemmen können. So kommt es fast im Selbstgang dazu, dass die Jungs das Brauen professionell und kommerziell angehen und ihr Bier zu verkaufen beginnen.
Bunthaus Brauerei: Mehr Bier als die Brauer selber trinken können
Doch plötzlich sind da ganz andere Probleme:„Wenn du Zuhause in deinem Keller braust, dann bist du der Einzige, der mit deinem Equipment arbeitet. Wenn du dir aber mit drei Leuten ein Equipment teilst, dann musst du dich entsprechend organisieren“, sagt Jens und lacht. „Außerdem kannst du nicht mehr nur das brauen, worauf du gerade Bock hast, sondern du musst dich auch den Wünschen der Abnehmer und Kunden anpassen. Da kannst du nicht sagen, ach, ich mach heut mal ein Weizen, wenn gerade Holunder-Zeit ist und die Leute alle voll Bock auf das Holunder-Bier haben. Wenn du das Brauen größer machst, hast du mehr Pflichten. Dazu zählen auch solche Dinge wie Buchhaltung, Bestellungen abzuwickeln und andere eher organisatorische Dinge, die du als Hobbybrauer natürlich nicht hast.“
Das ist nicht für jeden das Richtige. Jakob Meißner ist das ein Schritt zu viel, er will wieder zurück zum Hobby, zurück zum Nur-Spaß. Und so steigt er aus dem Projekt aus. „Wir haben uns absolut im Guten getrennt. Jakob kommt oft vorbei, er braut weiterhin ab und zu ein Bier hier und wir machen auch mal ein Bier zusammen“, sagt Jens, „aber für ihn war es einfach nicht das Richtige und somit haben wir dann zu zweit weitergemacht.“
Profi sein? Ja, aber mit Spaß an der Sache.
Für die beiden Jense ist klar, dass sie das Ding zwar professionell aufziehen wollen, aber „ohne dabei den Spaß an der Sache zu verlieren.“ Sie nennen ihre Brauerei „Bunthaus“ und positionieren sie als kleine Spezialitäten- und Kreativbrauerei am Markt. Dabei ergänzen sich die beiden im Bezug auf Bierfindung perfekt. Jens Hinrichs ist für die eher straighten Biere zuständig, also IPAs, Bock, Weizen, Stout und so weiter, während der Diplom-Biologe Jens Block sich vor allem für spontan vergorene Biere und Wild Ales aller Art begeistert. Und so kommt es, dass sich neben den eher klassischen Craft-Beer-Stilen auch solch schillernde Biere wie „Rote Beete Sour“, „Elderflower Sour“ und „Vietnamesische Gose“ im Bunthaus-Portfolio finden.
Allerdings ist die Abfüllung ein – irgendwie wortwörtlich – Bottleneck. „Wir vertreiben zurzeit hauptsächlich Fassbier an lokale Abnehmer und füllen nur ganz selten mal eine Sonderedition in Champagnerflaschen ab“, erklärt Jens. „Das liegt ganz einfach daran, dass wir noch keine Flaschenabfüllanlage haben und die Abfüllung für uns somit tierisch aufwändig ist.“ Noch sind Bunthaus Biere damit auch fast nur in Hamburg zu bekommen. Doch das soll sich bald ändern. Aktuell läuft eine Crowdfunding-Kampagne, mit der die beiden ehemaligen Hobbybrauer Geld für eine Flaschenabfüllanlage sammeln, die die Bunthaus Brauerei dann auch bereit für den nationalen Markt macht. „Damit wir unser Bier endlich auch in Flaschen vertreiben können und noch ein Stück professioneller arbeiten können, ohne dass der Spaß beim manuellen Abfüllen flöten geht“, meint Jens. Und strahlt schon wieder mit der Elbe um die Wette.