Mit guten Freunden lebt es sich besser. Warum sollte das im Job anders sein? Deshalb gründete Jeff Maisel eben: Maisel and Friends.
Jeff Maisel ist ein ziemlich lässiger Geschäftsführer. Der 48-Jährige begrüßt seine Mitarbeiter mit Handschlag und Namen. Mit Vornamen. Denn hier sind alle per du. Auch der Geschäftsführer ist einfach nur der Jeff.
Ein typisch fränkischer Vorname ist das ja nicht: Jeff. Aber das passiert halt, wenn sich eine US-Amerikanerin aus dem sonnenverwöhnten South Carolina nach Bayreuth verirrt und der Liebe wegen hängen bleibt. Also ein kurzer Exkurs.
Jeff Maisels Mutter ist Lehrerin und wollte raus in die Welt. In den 1960er Jahren bewirbt sie sich daher bei der Armee. Nicht zum Dienst an der Waffe, sondern um Kinder von Soldaten zu unterrichten. Allerdings eben nicht mehr in den USA, sondern auf einer der zahlreichen Militärbasen.
Besonders viele Stützpunkte unterhalten die USA damals in Westdeutschland. Vom kleinen Dorf Bindlach nahe Bayreuth aus zum Beispiel überwachen sie die Grenze zu Ostdeutschland und der Tschechoslowakei. „Sieh zu, dass du ja nicht nach Bindelach kommst“, sagten ihre Freunde ihr damals. Natürlich kam sie nach Bindelach.
Zum Glück konnte ein Bayreuther bereits Englisch
„Zum Glück gab es schon damals immerhin einen Bayreuther, der sehr gut Englisch sprach“, sagt Jeff Maisel. Er meint, na klar, seinen Vater. Oscar Maisel war damals bereits viel herumgekommen. Er hatte in Schweden, Spanien und den USA gelebt bevor er nach Bayreuth zurückkehrte und gemeinsam mit seinem Bruder Hans die Geschäftsführung der Brauerei übernahm.
Weil die Soldaten aus Bindlach auch großen Durst auf Bier hatten, war ein so weltgewandter Brauereibesitzer wie Oscar gut verknüpft mit den Mayors, den Generälen und wie sie alle heißen. So haben seine Eltern sich kennengelernt, erzählt Jeff lachend.
Hopfenhelden: Warst du als Kind oft in den USA?
Jeff: Jeden Sommer für vier Wochen. Mein Vater hat uns die ganze USA zeigen wollen, dabei wollten meine Schwester und ich viel lieber am Strand spielen.
Hopfenhelden: Was magst du am Strand?
Jeff: Ich liebe es, barfuß durch den Sand zu laufen. Ich bin eher ein Beachboy. Mein Vater ist Cowboy. Der trägt auch mit 87 Jahren nur Cowboystiefel.
Hopfenhelden: Was ist das Amerikanischste an dir?
Jeff: Meine Offenheit. Ich bin nicht eingefahren.
Nach der Schule studiert Jeff drei Semester BWL in den USA. Natürlich in South Carolina, genauer gesagt in Charleston. Nach seiner Rückkehr beginnt er eine Brauerlehre, dann zieht er nach München und studiert Brauwesen in Weihenstephan.
Jeff, wen bringst du uns mit aus Weihenstephan?
Als Jeff seinen Abschluss zum Diplom-Ingenieur in der Tasche hatte, fragte sein Vater ihn: Und Jeff, wen bringst du uns mit aus Weihenstephan? Jeff verstand die Frage nicht ganz. Wen solle er denn mitbringen? Na jemanden, dem du vertraust, den du magst, der aber nicht zur Familie gehört, sagte sein Vater.
Bei der Brauerei Maisel war es Tradition, dass sich die Geschäftsführer jemanden von außen mit ins Boot holten. Für einen anderen Blickwinkel, eine andere Perspektive, eine alternative Idee. Also fragt Jeff seinen Kommilitonen Marc Goebel. Er ist noch heute der erste Braumeister bei Maisel. „Wir standen gemeinsam bis spätabends im Gärkeller und haben gefachsimpelt und diskutiert, was wir verbessern könnten. Das war wichtig und hat uns weitergebracht“, sagt Jeff Mailsel. Und weiter: „Echte Freunde sind mir wichtig. Und die habe ich hier in Bayreuth. Deswegen möchte ich die Brauerei auch nie verkaufen. Denn, naja, das wär ja wie ein Abschied aus der Stadt.“
Die Brauerei der Gebrüder Maisel braut seit 1887. Es ist ein Familienbetrieb in vierter Generation. Besonders bekannt ist Maisel für seine Weißbiere, die mal Champagner-Weiße hießen, jetzt aber auf gar keinen Fall mehr so genannt werden dürfen. Jeff Maisel ist seit 1996 mit an Bord, seit 2000 führt er die Geschäfte.
Und dann: Maisel and Friends
Die Marke Maisel and Friends ist viel jünger und sozusagen der Craft-Bier-Ableger von Maisels. Ihr Name spiegelt das wieder, was hier schon immer gelebt worden ist: Freunde machen das Leben leichter.
Hopfenhelden: Was wünschst du dir für die Craft-Beer-Szene?
Jeff: Mehr Offenheit, weniger Konkurrenzdenken, mehr Miteinander. Wir Brauer müssen viel stärker zusammenarbeiten. Klar tut es weh, wenn ich in ein Lokal komme und sehe, dass da nur wenige von meinen Bieren und ganz viele andere stehen. Aber das ist doch auch ein Ansporn.
Hopfenhelden: Was kannst du gar nicht gebrauchen?
Jeff: Feinde.
Hopfenhelden: Welche Rolle spielst du im Unternehmen?
Jeff: Ich bin der Impulsgeber.
Einer dieser Impulse hat dazu geführt, dass die Brauerei im Jahr 2015 um die Maisel and Friends Brauwerkstatt erweitert wurde. Das 25 Hektoliter Sudwerk dient als Versuchsküche und steht gut einsehbar in einer Art Wintergartenanbau am Restaurant Liebesbier.
2016 eröffnete das Restaurant in den ehemaligen Lagerkellern der Brauerei seine Pforten. Heute speisen die Gäste hier Rinderfilet und Pulled Pork, die Bierkarte umfasst über einhundert verschiedene Biere. Die Einrichtung ist modern, die Backsteinmauern unverputzt, an den Wänden hängen Kunstwerke von Street-Art-Künstlern.
Das Bauvorhaben war gigantisch. Die Räume waren niedrig und von unendlich vielen Mauern durchrankt. Eher Abstellkammer als Edelrestaurant. Also wurde das Restaurant tiefergelegt. Die Arbeiter trugen einen Meter Erde ab um eine angenehme Deckenhöhe zu erreichen. Backsteinmauern wurden eingerissen und durch schlanke Stahlträgern ersetzt.
Drei Monate vor der Eröffnung platze ein Wasserrohr. 60 Kubikmeter Wasser ergossen sich über die Baustelle. Jeff war gerade im Skiurlaub. Marc klingelte ihn um 8 Uhr morgens mit der Hiobsbotschaft aus dem Bett.
Marc: Das sah gar nicht gut aus.
Jeff: Das sah gar nicht so schlimm aus.
Marc: Als du aus dem Urlaub kamst, war das Wasser ja schon im Boden versickert. Aber eigentlich hat diese Katastrophe unser Team noch mehr zusammengeschweißt.
Jeff: Wir haben den Eröffnungstermin auch nicht verschoben. 38 Kilometer des Marathons waren wir ja schon gelaufen. Da fehlte nicht mehr viel.
Der Architekt meinte am Tag der Eröffnung, er hätte nie geglaubt, dass das klappt. Jeff hingegen hat nie daran gezweifelt.