Dann halt nicht: Vasja Golar lässt sich von Ämtern und Behörden keine Steine in den Weg legen. Als die slowenische Bürokratie ihm zu wild wurde, beschloss er drei Kilometer weit nach Norden zu ziehen – und gründete eine Craft Brauerei in Österreich. Heute ist Bevog eine der erfolgreichsten des Landes
Es sei wie Scrabble spielen, sagt Vasja Golar, nur halt im Kopf. Und krasser.
Er schiebt in Gedanken Buchstaben zusammen, so lange und wahllos bis sie plötzlich ein Wort ergeben bei dem er schlagartig weiß: Genau! So heißt mein Bier.
„Ich meine: Tak. Das klingt doch ganz klar nach Pale Ale.“ Hm. Weiß nicht. „Echt nicht? Also komm. Oder Deetz.“ Deetz? „Ja. Hörst du nicht auch: Skater, Berlin, Achtziger? Das ist ein Golden Ale.“ Man könnte das noch ein Weilchen weiter spielen, weitere Biere des Bevog Standard-Sortiments heißen Ond, Kramah, Baja und so weiter. Aber wir möchten nicht, dass der Eindruck entsteht, der junge Mann hier hätte nicht alle Sinne beisammen oder zu viel Tak in der Birne. Tatsächlich sitzt da nämlich ein aufgeräumter, leicht wortkarger Unternehmer, der in den vergangenen drei Jahren eine Craft-Beer-Erfolgsgeschichte vorgelegt hat: Vom Nichts im Industriegebiet zu einer der populärsten Craft Brauereien des Landes. In Österreich. Felix Austria! Land of the free und des reibungslosen Amtsapparats.
Österreich. Of all places!
Wie bitte was? Da, wo die Wahlzettel nicht kleben es dafür aber sonst – dem Vernehmen nach – öfter mal filzt, da soll es bei den Behörden besonders knorke laufen? Kann man sich ja kaum vorstelle. Ist aber so. Sagt Vasja Golar. Deshalb hat er ja auch rüber gemacht über die Mur, den Fluss, der seine slowenische Heimatstadt Gorna Radgona und Bad Radkersburg in der Steiermark trennt.
Alles fing damit an, dass Golar vor Jahren auf einer Geschäftsreise in Belgien war und ein Bier trinken wollte. Das war allerdings gar nicht so einfach, die Bedienung stellte tausend Fragen: Was für Bier der Herr denn gerne hätte, dunkel, hell, braun, schwarz, blond? „In meiner Überforderung habe ich einfach gesagt ‚white‘“, erzählt Vasja Golar. „Weil ich annahm, ich bekäme so ein helles Bier.“ Stattdessen kam da aber etwas, das milchig weißgelb war und zitronig roch. „Die erste Hälfte war komisch, die zweite dann schon besser.“ Und das zweite Witbier schmeckte dem Slovenen so gut, dass er sich an diesem Tag eine Notiz ins Handy machte: „Wit – lecker.“ „Nur, damit ich mir merke, bei der nächsten Geschäftsreise wieder das zu bestellen.“
Ein paar Monate später hing Vasja Golar im Unternehmen seiner Eltern herum, wo er damals arbeitete. Optoelektronic. Ganz anderes Business halt. „Es war Sommer und kein Mensch im Büro und ich habe rumgegoogelt. Zum Beispiel wie man Bier braut.“ Den Rest kann man sich denken („Wow, das probiere ich aus!“, erster Heimbrauversuch, neues Equipment, obsessives Hobby, Braukurs an der VLB usw.), weshalb wir von vorspulen zu dem Punkt, an dem er mit einem Businessplan gewappnet zu seinem Dad ging und um Geld für den Bau einer eigenen Brauerei bat. Der war bereit, das Vorhaben zu unterstützen und Vasja Golar war drauf und dran, einer der ersten Craft Brauer Sloweiniens zu werden – allein die Gewerbeaufsicht von Gorna Radgona spielte nicht mit: Es gäbe da Auflagen wegen des Wasser, des Gebäudes, hier fehlt noch ein Antrag, Herr Golar, da ein Nachweis, jetzt müssen Sie warten. Und warten. Und warten. „Irgendwann habe ich mir und denen gesagt: Wisst ihr was? Dann gehe ich halt nach Österreich.“
Bevog Business Tipp: Investiert in Qualität
Und irgendwie lief dort alles ganz easy, wenige Monate später rollten die Bagger an und Vasja Golar baute einen stattlichen Brauereineubau. 2015 braut er hier 4.000 Hl Bier, 2016 schon 6.000, Kapazität für 7.000 Hektoliter Bier pro Jahr ist da. Hat er Tipps wie man so etwas macht? Er überlegt kurz. „Gute Vertriebspartner sind wichtig“, sagt er. „Und noch wichtiger ist Qualität.“ Er habe bewusst sehr viel in Equipment investiert, dass hilft, die Qualität seiner Biere zu steigern und konstant hoch zu halten. „Wir haben eine Zentrifuge angeschafft. Das ist besser als Filtration, weniger Sauerstoff und mehr Geschmack. Und wir haben einen Dosenabfüller. Der allein hat eine halbe Million gekostet.“ Vasja Golar ist von der Dose als idealer Bierverpackung überzeugt. Mehr Frische durch weniger Licht und Luft. Das arme Bier müsse so ja schon genug erdulden, wenn es dann erst einmal seinen Hof in Bad Radkersburg verlassen hat. Neun oder gar zwölf Monate Shelf-Life! Was einem Bier da alles angetan werden kann: rumstehen in der prallen Sonne, geschüttelt werden, rauf- und rünterkühlen – der Brauer will sich das alles gar nicht vorstellen. „Wenn das Bier bei uns rausgeht, kann ich immer nur das Beste hoffen“, sagt er. Und das Schlimmste vermuten.
Die Dose ist ja auch deshalb eine tolle Verpackung, weil sie gestalterisch noch mal ganz andere Möglichkeiten bietet als die olle Flasche mit Vorder- und und Rückenetikett. Viel zu wenig Platz, wollte man da diese wilden Fantasy-Welten schaffen, die Beevog-Dosen zieren. Mit… was ist das bloß alles, Trolle und Elbe und Fitzliputzlis? Nein, Taks und Deetzs, wahrscheinlich. Vasja Golar erzählt, dass die Designs ähnlich intuitiv entstehen wie die Namen seiner Biere. Verantwortlich ist der kroatische Künstler Filip Burburan, der offenbar dieselbe Sprache spricht wie der Brauer. Rundeen? Black IPA, das hört man ja wohl. Und sieht natürlich aus wie ein Baumwesen mit drei Armen und einem roten Schnabel, eh klar, oder!?
Und dann wäre ja auch noch dieser Name: Bevog. Beeevooog werde das gesprochen, sagt Golar. Die Österreicher sagen immer Bivock. Ist aber auch egal.