Eigentlich sind sie ja nur „two fellas“ aus dem Mittleren Westen, die das Schicksal in Berlin zusammen geweht hat. Dabei liefern Rob Faber und Mike Moineau aber ein Paradebeispiel für das Prinzip „Kiezbrauerei“, das dank der neuen Bierbewegung in Deutschland aufblüht
Ein beachtenswertes Phänomen, das die Entwicklungen auf dem deutschen Biermarkt (a.k.a. die Craft Beer Bewegung) der letzten fünf bis acht Jahren hervorgebracht haben, ist, dass es kleinteiliger wird. Regionaler. Hyperlokal. „Bier von hier“ ist nicht nur ein Spruch, viele trauen sich das jetzt wirklich zu machen. Denn: Den Leuten gefällt’s. Etwas Echtes, echt hier aus der Nachbarschaft – das ist doch super. Bei der Wahl zwischen dem Bier aus dem eigenen Dorf, drei Straßen weiter gebraut, und dem „Fernsehbier“ aus einer riesigen Brauerei werweißschonwo in Deutschland – wer würde sich da NICHT für das Ortsbier entscheiden?
Genau so funktioniert das auch in der Stadt, der großen Stadt. Da zieht dann vielleicht nicht der Stadtname allein, da muss das Bier schon aus dem eigenen Viertel kommen. Aus dem Kiez. Eine Kiezbrauerei. Idealerweise mit einem eigenen, kleinen Ausschank, einer Bar oder einem Brewpub.
Genau so funktioniert die Two Fellas Brewery – die Kiezbrauerei in Berlin-Pankow.
Von Pankowern, Neuköllnern und Mid-West-Fellas
Rob Faber ist auch ein echter Pankower. Wohnt hier, mit Kind und Frau. Also, seit ein paar Jahren zumindest, aber Berliner, und damit auch Pankower, wird man ja schnell. Michael Moineau pendelt noch jeden Tag von Neukölln hierher, aber das gilt schon, sein Herz schlägt für Pankow: „Ein großartiger Kiez mit immensem Potential“, sagt er. „Mir geht eigentlich immer das Herz auf, wenn ich sehe, wie viele Pankower zu uns kommen. Ich gebe ehrlich zu: Wir hatten dem Ur-Pankower nicht genug Credit in unserer Zielgruppenanalyse gegeben.“ Es ist aber eben der „von hier“-Faktor der zieht – auch (oder gerade) bei denjenigen, die mit dreifach gehopften NEIPAS mit japanischen Hopfensorten nichts anfangen können. Auf der Karte der Two Fellas Brewery stehen solche Biere auch – aber nicht nur. Das Tropical Pale Ale ist ein guter Einstieg, das Lake Michigang IPA überfordert den Trinker auch nicht gleich. Wer sich aber bei den Hopfenbetonten schon ein bisschen gähnen muss, findet unter den Spezialsuden schöne Biere, mal ein Wit, mal ein Helles, dunkle Biere…
„Wenn hier jemand ‚ein Bier bitte‘ bestellt, kann ich an seinem Gesichte sehen, ob er an komplexen Hopfenprofilen oder so interessiert ist oder nicht. Wenn nicht, servieren wir ihm ein Cream Ale“, sagt Mike. Das Haus-Ceam-Ale ist weich und mit satten 30 Prozent Maisanteil. „Meine eigene Reise zu Craft Beer fing mit einem Cream Ale an, pilsartig aber mit einem anderen Hefeprofil. Das fand ich gut. Im Gegensatz zu den ganzen hopfenbetonten Bieren. Ich mochte keine IPAs. Bis Rob mir eins gebraut hat.“
Wie die Two Fellas Brewery begann
Damit ist die Aufgabenteilung der beiden Fellas auch schon klar: Mike, in einem früheren Leben Literaturwissenschaftler und Ghostwriter, der Selbsthilfebücher für deutsche Schauspielerinnen geschrieben hat, die in Hollywood groß rauskommen wollten, Mike also ist der Mann für den Verkauf, der den Brewpub managt, den Bürokram macht. Rob braut. Ohne Meisterbrief oder Diplom, dafür mit Leidenschaft und seit Jahren. „Der Traum von Brauen als Beruf oder gar der eigenen Brauerei war jahrelang eben genau das – ein Traum. Unerfüllbar und irgendwie auch nicht ganz ernst gemeint“, grinst der Psychotherapeut. Dann bekam seine Frau dieses Jobangebot in Berlin und die Familie ging aus Milwaukee mit. Für einen Bierliebhaber wie ihn nicht der schlechteste Move: „Ich war begeistert, wie gut ein Pils sein kann, als ich hier in Deutschland ankam. Das ist atemberaubend. Und überhaupt: Ich habe einen Heidenrespekt vor deutscher Brautradition und der Qualität deutscher Biere. Viele deutsche Biere sind besser in Deutschland – das ist schon so.“ Rob vertiefte sich als stay-at-home-dad immer tiefer in sein Bierhobby – und lernte Mit-Midwesterner Mike aus Detroit auf einem Bierfest kennen.
„Ich hatte den festen Vorsatz in meiner ersten Woche in Berlin Freunde zu finden. Also dachte ich, ich mag Bier, vielleicht probiere ich es auf einem Bierfestival“, erzählt Rob bei einem Bier im supergrünen Biergarten der Two Fellas. „Ich habe mir also meinen ganzen Amerikaner-Verkleidung angelegt mit Wisconsin-Cap und Wisconsin-T-Shirt und allem drum und dran.“ Nicht zu vergessen das Wisconsin-Tattoo: Rob Faber trägt die Umrisse des Bundesstaats auf seiner Wade. „Trotzdem war ich nicht sonderlich erfolgreich an der Freundschaftsfront und wollte gerade gehen, da hat mich dieser Typ hier angetippt und gefragt: Hey, are you from Wisconsin? Also habe ich meinen Wisconsin-Cap zurechtgerückt und gesagt: I sure am.“ Und der Rest ist quasi schon Geschichte: Aus Rob und Mike werden zwei Freunde und wenig später Two Fellas, die zusammen im Castle Pub in Wedding Bier brauen. Small scale. Very small.
Irgendwann müssen sie da raus und stehen vor der Frage: Machen wir weiter? Wie? Und wo? „Wir haben uns mit vielen Leuten unterhalten und haben gefragt, was der sinnvolle nächste Schritt für uns ist. Brauerei oder Brewpub? Die meisten sagten Brewpub. Und dann von dort expandieren“, so Mike.
2017 eröffnen die Two Fellas ihren Brewpub, Ende 2018 soll auch das Sudhaus soweit sein, dass hier in der Two Fellas Brewery gebraut wird. So lange sind Rob und Mike noch als Gypsies in Marzahn zu Gast. „Sobald wir dann unseren eigenen Tankraum hier in Pankow haben, wollen wir das Thema Frische auf ein ganz neues Level heben“, freut Rob sich vor. Bisher gibt es Two Fellas Biere nur in Kegs. „Flaschen sind ein Thema für die Zukunft“, sagt Mike. Aber: Eins nach dem anderen. Sie seien ja schließlich nur two fellas. Two fellas und einer Kiezbrauerei. Braucht auch eigentlich gar nicht mehr.