ODELL BREWING: Good job, ladies!

Nina Anika Klotz

Seit fast einem Vierteljahrhundert braut Doug Odell in Colorado Bier, Craft Beer, gutes Craft Beer. Den wirtschaftlichen Erfolg seiner Brauerei Odell Brewing aber verdankt der Brauer zwei Mädels

In anderen Brauereien – so stellt man sich das zumindest vor – laufen nur bärtige Kerle rum. Kernige Typen, die die meiste Zeit unter sich bleiben und jeden Tag was mit Wurst zu Mittag essen. Nur bei Veranstaltungen, Festen und Messen fragen sie ganz lieb ein paar Freundinnen, ob die nicht mithelfen können, bisschen repräsentieren und so.

Wie sehr diese Vorstellung der Realität nun entspricht, sei dahingestellt. Sicher ist jedenfalls dass es bei der Odell Brewing Company komplett anders zugeht. Da schmeißen zwei Mädels (beide 55+) eigentlich den ganzen Laden, Doug Odell ist nur so etwas wie „the pretty face“. Den schicken sie vor, wenn jemand über die 24 Jahre alte Craft Brewery aus Fort Collins, Colorado, erzählen soll.

Mit Wynne und Corkien in die Craft Beer Elite

Stimmt natürlich auch nicht ganz, Doug Odell ist schon auch als Braumeister unverzichtbar. Aber was schon stimmt: Ohne seine Frau Wynne und seine Schwester Corkie wäre er nichts. Gibt er so zu. „Meine Frau ist der Managing Director des Unternehmens. Sie hat einen Master in Business Administration und versteht wirklich was von Wirtschaft“, sagt der 61-jährige Brauer höchstzufrieden. „Und meine Schwester ist die Personalchefin.“ Gemeinsam haben die beiden über die Jahre der Brauerei ganz schön ihren Stempel aufgedrückt. Sie seien verantwortlich für die ganze, formidable Firmenkultur, so Odell. „Wir schätzen den Input, der von unseren Mitarbeitern kommt und geben ihnen das Gefühl, dass jeder einzelne sehr wohl einen Unterschied macht.“ Er wischt das Kondenswasser vom Bierglas vor sich ab und fügt grummelnd dazu: „So bin ich  eigentlich nicht von Natur aus. Ich bin mehr der Typ, der alles lieber selber und alleine macht.“ Dann schaut er wieder auf und lächelt weihnachtsmanngütig: „Meine Mädels sorgen für eine schöne Balance.“

Gerade haben sich die Odells ein neues Sudhaus gebaut, wollen 2014 fast 500.000 Hektoliter Bier brauen. Aktuell liegen sie auf Platz 33 der amerikanischen Craft Beer Charts, nach Größe bemessen. Und das obwohl sie ihr Bier nur in zehn amerikanischen Bundesstaaten und ein bisschen in UK verkauft. Erstaunlich, dass Doug Odell da dennoch vergangenen Sommer auf Einladung von Sylvia Kopp und ihrer Berlin Beer Academy zu Gast in der deutschen Hauptstadt war. Naja, sagt er, er kam vor allem, weil er neugierig war. Was sich in Deutschland tut im Craft Beer Bereich. „Ich bin nicht hier, um mein Bier in den Markt einzuführen und ich rechne auch nicht damit, dass mich nächste Woche ein Händler aus Deutschland anruft.“ (Zumal ja ohnehin Wynne dann mit dem zu dealen hätte – ist ja Chefsache.) Doug Odell findet spannend, was sich tut.

Odell Brewing

Cutthroat Porter, eines von sieben Standard-Odell-Brewing-Bieren (Foto: Stefan Peters)

„Die Situation als ich anfing Craft Beer zu machen ist sehr gut vergleichbar mit der jetzigen Situation in Deutschland. Ich weiß nicht, wie viele Brauereien sich hier und heute als Craft Breweries bezeichnen. Aber meine Definition für Deutschland wäre: Eine Brauerei, die sich traut, mit Brauarten zu experimentieren, die nicht den gängigen Landesstilen entsprechen, die also nicht Helles, Pils oder Weißbier sind. Wenn man andere Stile ausprobiert, ist man ein Craft Brewer.“ Natürlich sehe er da schon auch Punkte, an denen die deutsche Craft Beer Bewegung zu kämpfen hat. Weniger kompliziert: Es gibt eben viel Tradition, die man erst mal überwinden muss, ehe man etwas Neues wagt. Deutlich komplizierter: „Bier ist so wahnsinnig billig hier! Ich habe gestern einen halben Liter für drei Euro getrunken.“ Das geht mit seinem Bier natürlich nicht. Was würde Wynne, Wächterin der Zahlen, da bloß sagen.

Wo Wynne übrigens nie reinreden ist beim Bier selbst. „Meine Frau trinkt unheimlich gerne Bier, aber darüber hinaus interessiert sie das nicht so besonders. Der Brauprozess und so? Nein. Sie sagt dann immer nur: Mach du mal ein gutes Bier. Ich trink‘ es dann.“

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  • Bekannteste Biere: 
    90 Shilling Ale, IPA, Easy Street Wheat