HOPFENREITER: In aller Bräundschaft

Claudia Doyle

Collaboration Brews, Freundschaftssude, Gemeinschafsbiere gehören zur Craft Beer Welt so fest wie der Schaum zur Krone. Aber: Wie geht das eigentlich, wenn sechs Brauereien zusammen ein Bier brauen? Unsere Autorin Claudia Doyle war dabei, als bei Maisel and Friends in Bayreuth der Hopfenreiter 2017 entstand.

Der Höhepunkt des Tages kommt um 14 Uhr in Gestalt von vier handtaschengroßen Aluminiumtüten. Der erste Brauer tritt zum Kessel, reißt die Tüte auf und krümelt den bröseligen Inhalt in den Tank. Der zweite Brauer tut es ihm gleich. Der dritte ebenso. Tüte aufreißen, hinhocken, schütteln. Grüne Hopfenpellets versinken im Sud. Die Luke zum Kessel wird geschlossen. Alle nicken feierlich. Sieht gut aus. Der anstrengendste Teil des Tages: Er ist geschafft.

Hopfenreiter Brautag

Und er sah, dass es gut war: Markus Hoppe (Hoppebräu) schaut dem Malz hinter her, die Brauer von Brew Age und Maisel and Friends schauen zu. (Foto: ClD)

Achtung, Achtung: Hier wird gebraut!

Drei Stunden vorher. Im Liebesbier in Bayreuth ist alles ruhig. Alles? Nein! An einem Tisch direkt hinter der gläsernen Eingangstür da wird doch gebrummelt, gewitzelt und da spricht doch tatsächlich jemand über Bier, so früh am morgen. Es sitzen dort: Markus Hoppe von Hoppebräu aus Waakirchen. Johannes Kugler und Thomas Maurer von BrewAge aus Wien. Stefan Stretz (samt aller seiner Angestellten) von Schanzenbräu aus Nürnberg. Und natürlich Marc Goebel, erster Braumeister von Maisel and Friends. Es soll also, wie nur unschwer zu erraten ist, gebraut werden. Gemeinsam, gemeinschaftlich, einer für alle und alle für einen. Ein Friendship Brew.

Damit das gleich klar ist, ein Friendship Brew ist kein Collaboration Brew, wie uns in dieser Runde erklärt wird, Es ist etwas grundlegend anderes. Bei einem Collaboration Brew tüfteln zwei Brauereien gemeinsam an einem Rezept. Sie werfen sich – abhängig vom Temperament, natürlich – Vorschläge um die Ohren und Bierflaschen an die Wand, bis aus dem Wahnsinn etwas Geniales entsteht, was sich dann im Braukessel manifestiert. Bei einem Friendship Brew lädt eine Brauerei andere Brauer ein, mit ihnen ein ganz bestimmtes Bier zu brauen. Rezept steht schon fest, alle haben sich lieb, keiner brüllt. Zum guten Gelingen und als Zeichen der tiefen Verbundenheit bringen die befreundeten Brauer eine milde Hopfengabe mit, die sie dann eigenhändig in den Sud rühren. Klar soweit?

Der Hopfenreiter reiter wieder

Der Titel des freundschaftlichen Brauprojektes an diesem Wintermorgen in Bayreuth: Hopfenreiter. Wer reitet so spät, Nacht und Wind, Vater und Kind. Und so. Oder auch: Hey, hey, hey, ich war der goldene Reiter (Ohrwurm gefällig? Bitteschön.)  – Ach, alles Quatsch, natürlich, der Hopfenreiter ist weder Goethe noch Fieberkrampf, noch Neue Deutsche Welle, der Hopfenreiter ist ein Double IPA von Maisel and Friends – and friends, wenn man so will. Sechs befreundete Brauereien haben ihren Hopfen dazu beigetragen, die anwesenden vier plus BRLO und Jopen. Entsprechend hopfenbombig wird er wohl daher geritten kommen, der Hopfenreiter, ein bereits erprobtes Rezept, by the way. Im März 2016 sprudelte er erstmals aus dem Hahn, pünktlich zur Eröffnung des Liebesbiers, dieser gigantischen Gaststätte im beschaulichen Herzen Bayreuths.

Hopfenreiter IPA Bier

Auch Teil des Liebesbier: Ein großer Fanartikel-Shop, der pünktlich zum ersten Geburtstag offen sein wird. (Foto: ClD)

260 Gäste können allein im Innenraum des Restaurants klönen, essen und trinken. Im Sommer, wenn die Sonne lacht, die Bäume Blätter tragen und alles draußen irgendwie eine Spur angenehmer ist, dann kommen noch einmal 300 Freisitzfans hinzu. Und weil so viele Gäste ins Liebesbier passen (und auch kommen), ist das Hopfenreiter-Freundschafts-Brew von 2016 längst ausgetrunken. Also muss ein Neues her, was pünktlich zum ersten Geburtstag im März dieses Jahres ausgeschenkt werden kann. Und da Bier reifen muss, braut man halt im tiefsten und kältesten Winter – also jetzt hier und heute.

Wer zusammen braut, ist weniger allein

Wer denkt, dass einem wenigstens beim arbeitsintensiven Brauen warm ums Herz und die kalten Finger wird, der hat sich getäuscht. Bierbrauen ist inzwischen eine ziemlich automatisierte Veranstaltung. Wo früher säckeweise Malz zum Einmaischen geschleppt wurden, und viele Hände ein schnelles Ende versprachen, legt man heute einfach einen Schalter um und das Malz schießt durch Rohre direkt in den Kessel.

Das führt dazu, dass heutige Brauer in modernen Anlagen ganz allein hunderte Hektoliter Sud brauen können. Viele kleine Craft-Bier-Brauereien können überhaupt nur deshalb Gewinn erwirtschaften, weil sie als Ein-Mann-Betrieb funktionieren. Effizient, aber irgendwie eben auch ein bisschen einsam. Ein Friendship-Brew ist daher mehr als nur gemeinsames Brauen. Es belebt die Gemeinschaft und ermöglicht es den Brauern, sich einfach mal mit Kollegen auszutauschen und metaphorische Freundschaftsbändchen zu knüpfen. Wenn dabei noch ein gutes Bier entsteht, dann ist das irgendwie ein nettes Nebenprodukt. Auf jeden Fall wird sehr viel gutes Bier getrunken. In aller Freundschaft. Und bis tief in die Nacht. Die Anlage braut, die Brauer trinken, der Hopfenreiter reitet und wacht.

Hopfenreiter

Über-überlebensgroß galopiert der Hopfenreiter durch den Eingangsbereich des Liebesbier (Foto: ClD)