Das Jahr in Hopfen: Wir waren zu Gast auf dem Hopfengut No. 20 in Tettnang am Bodensee und haben uns vom Agrarwissenschaftler Lukas Locher den Hopfenanbau erklären lassen.
Hier das Wichtigste zusammengefasst.
Lukas Locher baut auf dem Hopfengut No. 20 rund 150.000 Hopfenpflanzen auf 40 Hektar Fläche an. Sein Hof liegt in Tettnang, dem zweitgrößten, deutschen Hopfenbaugebiet. Größer ist nur die Hallertau. Hier findet der Hopfen alles, was er zum wohligen Gedeihen so braucht: tiefen Gletscherboden und das milde, wechselhafte Bodenseeklima. (>> mehr über Hopfen, Anbaugebiete und -bedingungen hier).
Wenn Mitte März der erste Hopfen aus dem Boden sprießt beginnt die Hopfensaison.
März: Triebe und Gerüst
Der erste Arbeitsschritt im Jahr des Hopfenbauers: Die Triebe zunächst wieder abschneiden. Rund 10 cm unter der Bodenoberfläche wird der Hopfen direkt über der bis zu 2 Meter in den Boden reichenden Wurzel gekappt, um die Anzahl der Triebe zu steuern. Lukas unterstreicht die Wichtigkeit dieses Arbeitsschrittes: „Das ist Chefsache. Macht man den Schnitt nur ein wenig zu tief und trifft den Wurzelballen, kann die Pflanze zerstört sein.“
Was dabei abgeschnitten wird, die Hopfensprosse, hat auch den schönen Namen „Hopfenspargel“ und ist eine seltene, wohlschmeckende Delikatesse.
Während der Regenerationszeit des Hopfens müssen die Rankdrähte gespannt werden. In aufwendiger Handarbeit werden die Drähte in rund 8 Metern Höhe an einem Querdraht befestigt und anschließend mit einem sogenannten Stupfeisen im Boden verankert. Gerade bei der Befestigung des Drahtes oben ist Geschwindigkeit gefragt. Der Trecker, an dem sich die Hubkanzel befindet, fährt kontinuierlich mit circa 1,3 km/h die Reihen entlang.
Sobald die neuen Triebe erneut aus dem Boden sprießen, werden jeweils drei von ihnen im Uhrzeigersinn (vermutlich genetisch bedingt und ein Muss, da der Hopfen sonst nicht hochwächst) um den Draht gewickelt.
Mai: Hoch hinaus – in Rekordzeit
Im April und Mai wachsen die Pflanzen mit bis zu 30 cm pro Tag. Damit ist der Hopfen, nach einigen Bambusarten, die am schnellsten wachsende Pflanze der Welt.
Der Hopfen hat außerdem ein ausgesprochen gutes Timing. Ende Juni erreicht die Pflanze die Spitze des Drahtes. Das ist kein Zufall, denn ab dann werden die Tage wieder kürzer – für die Pflanze das Zeichen mit der Fortpflanzung zu beginnen. Während der Führung durch das Hopfengut No. 20 scherzt Lukas: „Die Pflanze ist wie ein Mann. Erst Längenwachstum, danach geht’s nur noch in die Breite.“ Die Dolden beginnen sich zu bilden. Jetzt gibt es in Sachen Fortpflanzung beim Hopfen allerdings ein Problem. Von männlichen Pflanzen befruchteter Hopfen ist qualitativ deutlich schlechter als der unbefruchtete weibliche. Wieder scherzt Lukas: „Ein Hopfengarten ist zu führen, wie ein streng katholisches Nonnenkloster.“ Durch den jahrelangen Anbau und die strenge Kontrolle sind männliche Hopfenpflanzen bei den Tettnangern aber eine extreme Seltenheit. Die weiblichen Dolden bewahren ihre hohe Qualität.
Eine weitere Besonderheit, die den Hopfen auszeichnet, ist der schnelle Ertrag. Bereits im zweiten Jahr nach der Anpflanzung erhält man eine fast vollständige Ernte.
August: Die Hopfenernte
Ende August beginnt die Ernte. Bis Ende September, manchmal auch noch in den Oktober, herrscht dann Hochbetrieb. Dabei sind auf dem Hopfengut No. 20 die meisten Arbeitsschritte automatisiert. Mit dem Reißgerät wird die Hopfenranke rund 50 cm über dem Boden heruntergerissen und fällt anschließend auf den Anhänger. Nach ungefähr 10 Minuten ist der Anhänger voll und wird zur Trennmaschine (WSZ 550) gefahren.
Händisch werden dort bis zu 500 Ranken pro Stunde eingespannt, damit die Hopfenpflückmaschine die Dolden anschließend in rund 99-prozentiger Reinheit vom Rest der Pflanze und dem Draht trennt. Anschließend werden die Dolden in einem dreistufigen Ofen bei 60 bis 65 °C gedarrt. Der Darrturm ist rund 15 Meter hoch und verringert die Feuchtigkeit des Doldens idealerweise auf 9 bis 10 Prozent. Die Kontrolle ist auch hier wieder Chefsache, denn die genaue Bestimmung wäre nur mit teurem Gerät, einer speziellen Mikrowelle, möglich. Also ist Erfahrung gefragt! Mit ein paar gekonnten Handgriffen erkennt Lukas, ob die Feuchtigkeit passt.
Anschließend werden die Dolden für sechs Stunden in der Konditionierungskammer belüftet, damit sich die Restfeuchtigkeit, die sich in erster Linie im Stängel und nicht in den Doldenblättern sammelt, auf den gesamten Dolden verteilt. Dadurch wird die Dolde beim anschließenden Pressen und Verpacken nicht zerstört.
Und dann? Geht es eigentlich schon in Brauereien auf dem ganzen Globus. Manche Brauerinnen und Brauer schwören auf getrocknete Dolden, die arbeiten dann mit dem, was direkt von Lukas‘ Hopfenfarm kommt. Andere arbeiten lieber mit Pellets. Dafür wandern die Säcke mit den getrockneten und gepressten Dolden dann noch zu einem Pelletierer, der die zerriebenen Dolden in kleine, kompakte Pellets presst.
(>> mehr über unterschiedliche Hopfen-Formen hier).
Damit ist der Weg des Hopfens auf dem Hopfengut also am Ende – und das Bier beginnt.