David Hertl ist einer der umtriebigsten Craft Beer Brauer Deutschlands, ein wandelbarer Tausendsassa und ein Multitalent, der auf seine eigene, unbefangene Art ganz Oben mitspielt. Wer das nicht glaubt, soll selbst mal einen Nachmittag auf der BrauBeviale mit ihm verbringen, so wie unser Autor Jakob Kube.
David Hertl ist überall.
Rastlos springt er hin und her zwischen Craft-Beer-Tastings, High-Fives mit den ganzen Bekannten und Bierpräsentationen. Es ist schwer ihn mal einzufangen, für ein Gespräch. Drei Tage lang balanciert Hertl hier in der Craft Beer Corner auf der BrauBeviale in Nürnberg mit immer dolleren Suden hin- und her, probiert, serviert, parliert, und soll, ganz nebenbei, auch noch ein Bier von Skilegende Markus Wasmeier vorstellen. Irgendwie klappt es dann doch. Der Hertl hat sich für einen Moment freigequatscht, wir können dann: private Bierverkostung mit einem der ersten, deutschen Craft Beer Brauer. Eine Stunde, zwei Männer, drei Biere. Go!
Etwas abseits des Trubels finden wir einen kleinen Tisch, an dem wir uns in Ruhe setzen. Setzen wollen. Denn: Stillstand passt nicht so wirklich zum Hertl. Und schon ist der wieder unterwegs. Für eine Bierverkostung brauchen wir schließlich Bier. Kurze Zeit später stehen drei kreative Flaschen auf dem Tisch. Und es geht gleich in die Vollen. Wir starten mit dem „Rasenmäherbier“, wie David die Gurken Gose, seinen Kollaborationssud mit Hopfmeister, liebevoll beschreibt. 500 kg Gurken auf 16 hl. Also ordentlich Grünzeug auf dem Gaumen. Der Geschmack überrascht. Der typisch salzig-saure Charakter der Gose harmoniert ausgesprochen gut mit den Gurken, die das Bier noch erfrischender machen. „Wie ein alkoholischer Salat“, findet David.
Bier als quasi ganzheitliches Erlebnis
Der große Ansturm auf Hertls Verkostungsrunden auf der Brau ist nicht etwa dem geschuldet, dass vorhin der Wasmeier neben ihm stand, eine ganzes Kamera-Fotografen-Team im Schlepptau. Vielmehr ist es die unheimliche Präsenz und Ausstrahlung dieses jungen Franken selbst, die so zieht. Dieses Allrounders. Während er ein Tastingglas nach dem anderen auch an die hintersten Reihen verteilt, beschreibt er gleichzeitig selbst die feinsten Geschmacksnuancen mit einer solchen Überzeugungskraft, dass auch der feinste Gaumen keine Widerrede anstellt. Geht es hier noch um das neue Bier? Etwa den „Wasinator“, dieses mildgehopfte, dunkle Bockbier frisch vom Schliersee? Oder geht es eigentlich schon um viel mehr, um das Erlebnis einer neuen Bierkultur und all der Emotionen, die dazu gehören?
Nicht dass hier nun der Eindruck entstünde, der Hertl habe halt einfach eine große Klappe und könne gut quatschen, nein. Viel wichtiger ist: Der Mann kann auch richtig gut brauen. Mutig und gut. Für die Gurken-Goose zum Beispiel musste er im wahrsten Sinne des Wortes die „extra Meile gehen“: Die Gurken hat er zwar noch von einem Gurkenbauern aus dem Frankenland, quasi aus der Nachbarschaft, um daraus aber eine Gose zu brauen, musste er gemeinsam mit Marc Gallo von Hopfmeister nach Tschechien fahren. „Das bayerische Ministerium hat uns verboten, dass Bier hier zu brauen, weil es nicht dem Reinheitsgebot entspricht.“ Dann halt ins benachbarte Prag und dort schön auf die Gypsy-Tour.
David Hertl kennt keine Müdigkeit
David setzt gerade den Öffner beim nächsten Bier an, da kommt sein Kollege Enzo Harms von der Bierothek Erlangen vorbei. Die Nacht der Sieger vom European Beer Stars Award geht in einer Stunde los – Enzo will sich versichern ob Davids Vater auch ein Ticket für ihn mitgenommen hat. Die Vorfreude ist beiden deutlich anzumerken. Weil auch nach einem Messetag, nach all den Bieren: Müde ist der Hertl noch lange nicht.
Mittlerweile habe er die Bierothek in Bamberg übernommen, erzählt David so nebenbei, als der Kollege wieder weg ist. Da sei er jetzt Storemanager. Sein Familienbetrieb zu Hause im fränkischen Thüngfeld-Schlüsselfeld, die Braumanufaktur Hertl, scheint ihm noch nicht genug Arbeit zu machen? Von wegen! Auch da hat er sich noch einiges vorgenommen. „Unsere Brauerei wächst immer weiter, mittlerweile ist sie schon viermal so groß wie zu Beginn.“
Anfang mit der Braumanufaktur Hertl
2012 ging es damals los mit der Braumanufaktur, da haben sie der Schweinestall auf dem Hof der Familie kurzerhand in eine Brauerei umgebaut. Mit 40 Liter war sie damals Frankens kleinste Braumanufaktur. Nächstes Jahr kommt dann die „große“ 5 hl Anlage. „Jetzt haben wir zwei Azubis und auch schon einen Mitarbeiter des Monats – meinen Vater“, sagt David und grinst sich einen. Der sei momentan ja auch der einzige Mitarbeiter. Weil der Junior… der ist schon wieder anderweitig unterwegs.
Auch in Sachen Weiterbildung kennt Hertl einfach keinen Stillstand. „Meine Ausbildung zum Weinsommelier werde ich im nächsten Jahr in London abschließen“, sagt der Brau- und Mälzermeister, der nebenbei natürlich auch noch Biersommelier ist. Er will sich halt überall auskennen. Wenn man anspruchsvolle Kunden hat, kann das nicht schaden. „Mein Bier kommt gut an, ich mache viele Brauseminare und viele Leute kommen extra zu mir, wenn sie etwas Besonderes wollen“. Da ist zum Beispiel seine neueste Kreation. Der Smokey Ghost. Ein Rauchbier-Doppelbock. Jede Tonkrugflasche wird dabei von seiner Mutter Vroni handettiketiert.
Als Craft Brauer gut vernetzt
Nicht nur zuhause weiß er jeden in sein ganz eigenes Konzept von Craft Beer zu integrieren. Sein großes Netzwerk in der Bierszene hilft ihm dabei. Das Bier mit dem Krakenlogo, das er eben noch nicht fertig öffnen konnte, weil just wieder jemand kam mit „hey, hi, David, du…“, das kommt nicht ganz zufällig aus Österreich. „Von einem sehr guten Freund“, wie er sagt. Das junge Craft Beer Startup Next Level Brewing hat heute sein Local Hero Pale Ale am Start. Und einen der Gründer, Johannes Grohs, den kennt der David halt gut. Umso besser, dass dem sein Bier auch noch so vorzeigbar ist. „Ein richtig schönes Summer Ale“, findet David. Er schwenkt sein Glas um auch das feinste Aroma aus dem Ale zu holen. Richtig frisch, der Hopfen sorgt für eine schöne tropische Note. Aber ohne Bitterhammer, den haben sich die Österreicher gespart. Very sessionable, würde der Amerikaner sagen.
Langsam hält es David nicht mehr an seinem Platz. Auch das dritte Bier strahlt mittlerweile in einem kräftigen Orange-Rot in unseren Tasting-Gläsern. Auf der Bierlandkarte haben wir einen ganz schönen Sprung gemacht in Richtung Süden. Auf eine kleine italienische Insel vor der toskanischen Küste. Das Cento all´ ora von Birra dell´ Elba. Ein Summer IPA, das sicher auch den italienischen Seefahrern geschmeckt hätte. „Charakterstark, malzbetont aber trotzdem leicht“, sagt David. Das sei ihm während der letzten Tasting Runden besonders in Erinnerung geblieben.
„Ich habe eben noch insgesamt 24 Biere in zweieinhalb Stunden verkostet – das macht etwa 6 Minuten pro Bier“, sagt er. Es scheint, als brauche David jetzt auch mal eine kurze Pause. Vor der Nacht der Sieger wolle er erstmal noch etwas essen. Er verabschiedet sich und macht sich auf zurück in Richtung Tasting Corner. Natürlich kommt er wieder nicht sehr weit. Und mit einem lauten Lachen stürzt er sich auf einen Craft Beer Bekannten.