Diacetyl Hefe

BIERFEHLER: Diacetyl

Thomas Redders

Bier schmeckt, Bier schmeckt nicht! Ist so. Die einen mögen’s bitter und hopfig, die anderen malzig und süß, wieder andere leicht und sauer. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nunmal (nicht) streiten. Trotzdem gibt es ein paar Aromen, die eigentlich im Bier nichts zu suchen haben. Eigentlich! Denn auch diese sogenannten Bierfehler sind manchmal erwünscht, oder anders gesagt: Manchen gefällt’s. Grund genug für uns, sich dem Thema Bierfehler genauer zu nähern. Beginnen wollen wir mit dem wahrscheinlich bekanntesten und meist diskutierten Bierfehler: Diacetyl!

Das Aroma von Diacetyl wird oft als buttrig, süß und hin und wieder auch als karamellig beschrieben. Besonders böhmische Pilsner haben diese leicht buttrige Note zu ihrem Markenzeichen gemacht (heute absichtlich, früher wahrscheinlich eher durch Zufall). Auch in anderen Bieren sorgt eine geringe Diacetyl-Konzentration für mehr Vollmundigkeit.

Vicinale Diketone

Diacetyl, vicinale Diketone, 2,3-Butandion, 2,3-Pentandion. Eine Menge komplizierter Begriffe, die einem in dem Zusammenhang so über den Weg laufen. Aber so kompliziert ist es gar nicht. Die vicinalen Diketone sind nur sowas wie die Oberkategorie. Dazu zählen zwei, die in der Brauerei von Bedeutung sind: Diacetyl (in Klugscheißer-Deutsch: 2,3-Butandion) und 2,3-Pentandion. Jetzt lässt sich das Ganze aber noch ein wenig vereinfachen. Diacetyl hat einen Geschmacks-Schwellenwert von etwa 0,1 bis 0,15 Milligramm pro Liter, 2,3-Pentandion einen etwa 10-fach höheren. Daher wird sowohl in der Brauwissenschaft, als auch in den Brauereien, in der Regel nur das Diacetyl beachtet.

Wie entsteht Diacetyl?

Hier wollen wir auch ein kleines bisschen vereinfachen. Diacetyl ist ein Produkt des Aminosäure-Metabolismus (Isoleucin-Valin Biosynthese) der Hefe und wird während der Fermentation gebildet. Wenn die Hefe nicht mehr ausreichend Valin zur Verfügung hat, kann sie dies selber synthetisieren. Dabei entsteht α-Acetolactat. Dies wiederum gibt die Hefe in die angestellte Würze. Das α-Acetolactat wird anschließend nicht-enzymatisch über spontane, oxidative Decarboxylierung in Diacetyl umgewandelt.

Jetzt hat die Hefe aber eine Superkraft. Sie sorgt zwar dafür, dass das Diacetyl in die angestellte Würze kommt, kann es aber ebenso wieder aufnehmen und so einen Großteil enzymatisch in 2,3-Butandiol umformen – und das wiederum hat einen so hohen Geschmacks-Schwellenwert (etwa 4500 Milligramm pro Liter), dass es im Bier keine Rolle mehr spielt. Die Umwandlung findet noch während der Fermentation und bei der Lagerung statt.

Diacetyl Pathway

Vereinfachter Diacetyl-Pathway. (Grafik: TR)

Wodurch wird die Diacetyl-Konzentration beeinflusst?

Über diesen Teil kann man gut und gerne ganze Promotionen schreiben. Trotzdem wollen wir ein paar wichtige Parameter nennen. Denn so lässt sich Diacetyl in Bier eigentlich ganz gut vermeiden.

Da wären zum einen die Aminosäuren – besonders Valin! Valin sorgt dafür, dass die Diacetyl-Konzentration abnimmt. Grund dafür ist, dass Valin ein Enzym hemmt, dass für die Bildung eines Diacetyl-Vorläufers verantwortlich ist und die Hefe Valin nicht selber synthetisieren muss, sondern es aus der Umgebung (also der angestellten Würze/dem Bier) aufnehmen kann.

Zum zweiten der Hefestamm. Verschiedene Studien haben herausgefunden, dass unterschiedliche Hefestämme für stark variierende Diacetyl-Konzentrationen sorgen. Besonders der enzymatische Abbau dauert bei einigen Hefestämmen deutlich länger.

Außerdem spielen einige Stellschrauben während der Fermentation eine entscheidende Rolle. Dazu zählen in erster Linie die Temperatur – eine höhere Temperatur bei der Hefegabe führt zu einer höheren Diacetyl-Konzentration, gleichzeitig führen höhere Fermentations-Temperaturen zu niedrigeren Diacetyl-Konzentrationen – die Fermentation-Dauer – nach etwa 6 Tagen haben sich bei den meisten Hefestämmen die Konzentrations-Niveaus angepasst – und der pH-Wert. Hohe pH-Werte fördern höhere Diacetyl-Konzentrationen.

Abschließend haben natürlich auch bakterielle Infektionen einen Einfluss auf die Diacetyl-Konzentration – besonders Pediococcus und Lactobacillus können höhere Konzentrationen verursachen.

Jetzt kommen Brauer und Brauerinnen ins Spiel

Ein Großteil der oben genannten Parameter können in den Brauereien beeinflusst werden. Vor allem die wohl wichtigsten: die Fermentations-Temperatur, -Dauer und der pH-Wert. Häufig wird zum Abschluss der Gärung extra eine Diacetylrast eingelegt. Ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bei der Gärung und der Lagerung kann die Diacetyl-Konzentration in den meisten Fällen entscheidend verringern. Und so findet man Diacetyl in höheren Konzentrationen heutzutage nur noch relativ selten in Bieren, in denen es eigentlich nichts zu suchen hat.