REPORTAGE – Was beim Brei nicht klappt, geht bei Bier meistens gut: In Berlin standen viele Köche um den heißen Sud und brauten gemeinsam das „Original Berlin Sour“, das offizielle Bier der Berlin Beer Week 2016, die Ende des Monats steigt. Und weil eh schon eine ganze Menge Leute beim Brewbaker herumstanden, durften wir auch gleich noch in den Kessel schauen
Wer will fleißige Handwerker sehen – der sollte mal nicht unbedingt an einem Collaboration-Sud-Brautag in eine Brauerei gehen. „Das ist nämlich irgendwie immer dasselbe“, sagt Michael Stockinger, Braumeister bei BrewDog in Schottland. „Einer arbeitet und alle anderen stehen rum und sehen gut aus.“ Er für seinen Teil ist extra aus Aberdeen angereist um an diesem Mai-Morgen in der Brauerei des BrewBaker Michael Schwab in Berlin-Moabit herum zu stehen und fabelhaft auszusehen. An seiner Seite strahlen außerdem: Richard Hodges und Gabriela Kishimoto von Berliner Berg, Michael Lemke und Veronica Menzel, beide BRLO, und Ulrike Gentz, die Frau hinter Schneeeule. Alles sehen super aus.
Nur Michael Schwab als Hausherr muss neben dem ganzen Gutaussehen auch richtig arbeiten. Sonst wird das nichts mit dem „Original Berlin Sour“, dem offiziellen Bier der Berlin Beer Week 2016, die Ende Juli stattfinden wird. Gerade sucht er einen Schraubenzieher, so ein Dings, ein ganz bestimmtes, mit dem, nur dem er die Pumpe da unten dicht ziehen kann. Brauen ist immer auch ein bisschen Troubleshooting.
„Oh, schon Zehn. Zeit für Bier!“
Durstig vom Rumstehen packt Stockinger just als Richie Hodges bemerkt „Oh, schon zehn. Wäre doch eine gute Zeit für ein Bier“ eine Flasche der BrewDog Abstrakt-Serie aus. Extravagante, limitierte Sachen. Nicht unbedingt aus der Kategorie Frühschoppen, aber was soll’s. Michael Schwab stellt noch einen Kasten Brewbaker Gemischtes daneben. So lässt sich’s collab-brauen. Was sehen sie alle gut aus, mit ihren Früh-Bierchen beim Fachsimpeln.
Damit hier um Gottes Willen kein falscher Eindruck entsteht: Brauer ist ein harter Job. Frühstücksbiere sind – ehrlich! – die Ausnahme. Und eigentlich ist in einer Brauerei immer, wirklich immer arschviel zu tun. Während die Maische so vor sich hinmaischt, kümmert der Brauer sich für gewöhnlich um den ganzen anderen Quatsch: Leergut stapeln, Tanks putzen, Schläuche reinigen. Rechnungen bezahlen, Mahnungen schreiben, Kundenmails beantworten, Facebook-Fans bespaßen.
Wichtigster Teil der Zusammenarbeit: Rezeptentwicklung
Die wichtigste Arbeit bei einem Collaboration-Sud allerdings geschieht in der Regel, bevor das erste Malzkorn in den Bottich fällt. Entscheidend ist da nämlich die gemeinsame Rezeptentwicklung. Im Falle des offiziellen Bieres für die Berlin Beer Week 2016 saßen die Berliner Brauer schon vor ein paar Wochen zusammen. Ausgegangen seien sie dabei, erzählt Michael Schwab, mehr oder weniger von seiner Berliner Weisse. Denn naheliegernderweise sollte das Bier der Berliner Bierwoche eine Berliner Weisse sein. Allerdings, so wünschten sich das die Macher der Beer Week, Tiffany Herrington, Stefan Krüger und Dirk Hoplitschek, mit mehr Umdrehungen. Eine Weisse mit einem Helles-Alkoholgehalt wäre schön. Also haben die Brauer gerechnet und überlegt, wie sie das machen. Mehr Malz, andere Schüttung und so weiter. Ist ja alles möglich, wenn man weiß, wie.
Allerdings, so sagen es diverse Vorschriften und der verantwortliche Brauerbund, ist die Berliner Weisse keine Original Berliner Weisse mehr, wenn sie kein Schankbier (Stammwürze von 7,0 % bis 10,9 %), sondern ein Vollbier (Stammwürze von 11% bis 15,9%) ist. Deshalb brauchte das Berlin-Beer-Week-Bier einen anderen Namen und wird nun als „Original Berlin Sour“ an den Start gehen. Gerade mal 50 Hektoliter wird es davon geben. Zehn kommen in Flaschen, zehn gehen nach UK, in die BrewDog Bars, und der ganze Rest wird während der diesjährigen Berlin Beer Week ausgeschenkt, auf der Craft Beer Spreefahrt, dem offiziellen Eröffnungsevent der Beer Week und dem Abschlussspektakel, dem Berlin Craft Beer Fest auf dem RAW-Gelände.
Das Bier der Berlin Beer Week 2016? Eine gepimpte Weisse
Dass dann noch ein gewisser Anti-Reinheitsgebot-Twist mit reinkam, war grad schon Wurst. Die BrewDogs, die sich per Mail in die Rezeptentwicklung einklinkten, schlugen vor, das Bier mit Honig und getrockneten Zitronenschalen zu pimpen. Michael Stockinger schaut also nicht nur blendend aus, sondern hat auch Zitronen dabei, die am Ende des Brauprozesses im Whirlpool in das Berliner Sauerbier kommen werde.
Bis dahin ist es noch zwei Bierchen oder so. Nach eineinhalb Stunden läutert Michael Schwab ab. Veronica Menzel probiert ein Glas warme Würze. Die ist, wissen Brauer, und wenn man fest daran glaubt, stimmt es auch, sehr gesund. Wer viel warme Würze trinkt wird quasi nie krank. Nie! Ein bisschen kann man am Geschmack der warmen Würze auch erkennen, wo es mit dem Bier geschmacklich hingeht, sagt Menzel. Wobei sich da ja noch eine Menge tut.
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Nur echt mit der Sauer-Hausmischung
Michael Schwab heizt die Sudpfanne an, die Würze beginnt wallend zu kochen. Nach und nach lassen die Brauer Hopfen in das Berliner Original regnen. Viel ist es nicht, Berliner Weisse typisch eben. Als das Bier am Ende des Tages dann endlich im Gärbottich landet, schüttet Michael Schwab noch einen Schwung Sauerkultur dazu, seine Hausmischung aus Milchsäurebakterien, Brettanomyces und einer Ale-Hefe. Und dann: Schlaf schön, Bierchen! Happy Gärung und bis die Tage dann, in sechs bis acht Wochen!
Vom 22. bis 30. Juli finden im Rahmen der BERLIN BEER WEEK 2016 in der ganzen Stadt diverse Craft Beer Events statt: Verkostungen, Brauluste, Beer-Pairinge, Parties, Ausstellungen und eine Cruise-Schiff-Fahrt. Alle Infos unter www.berlinbeerweek.com